28. Februar 2007

Bild bloggt zu viel

Am Montag hatte ich schon Patrik Svenssons Kritik am Blog von Carl Bildt hier eingepflegt (ich liebhasse dieses Wort). Heute schreibt der ehemalige Chefredaktör der konservativen Svenska Dagbladet in einem Artikel in Dagens Nyheter , dass ihn die Rollen des Außenministers auf der einen und des Bloggers auf der anderen Seite an den redseligen Präsidenten Hugo Chavez (Venezuela) erinnerten.

Bertil Torekull hält es für sehr problematisch, da Bildt als eines der wichtigsten Mitglieder der Regierung in seinem Blog die Grenzen zwischen Amtsperson und Privatperson verschwimmen ließe. Wie Hugo Chavez, der im staatlichen Fernsehen Venezuelas oft stundenlange Ansprachen halte, so schriebe Bildt Texte, aus denen nicht immer ersichtlich ist, ob sie die Meinung der Privatperson oder der Regierung darstellten.

Torekull hat Recht. Ein Mensch in Bildts Position muss das Öffentliche vom Privaten sehr scharf trennen. Will sagen, Carl Bildt sollte nicht über politische Ereignisse bloggen. Er könnte über das Wetter schreiben, Sport, Literatur, Film, sonstwas.

Ich hüte mich auch davor, in diesem Blog über meinen Arbeitgeber zu schreiben.

Im Falle einer Regierung ist das noch wesentlich riskanter.

Torekull: "Die Bewegungsfreiheit eines Außenministers für die rein private Meinung ist ebenso begrenzt wie die des Ministerpräsidenten oder des Staatschefs. Worte des Außenministeriums sollten eine Reihe von Instanzen passieren, bevor sie veröffentlicht werden. [...] Schweden ist nicht Venezuela - wir sollten keine Chavezkultur zulassen, in der die Machthaber selber in der Öffentlichkeit das öffentliche Gespräch polemisieren und privatisieren, beispielsweise in den wichtigen Fragen der Parteilichkeit, die in den Turbulenzen um Carl Bildt gestellt worden sind."

27. Februar 2007

Willst du Däne werden...

In Dänemark müssen Antragsteller sich nun durch einen neuen Test quälen, um die dänische Staatsbürgerschaft erlangen zu können.

Jan Ifversen, Lektor für Europastudien an der Universität Århus, steht der Prüfung kritisch gegenüber: "Es handelt sich um eine Mischung aus einem Kulturkanon und 'Wer wird Millionär?'."

Gleicher Meinung ist Carsten Humlebaek von der Copenhagen Business School, der im Gegensatz zu Einwanderungsministerin Rikke Hvilshöj nicht glaubt, dass Neuntklässler in Dänemark den Test bestehen würden.

"Die Prüfung testet ein Wissen, das nichts über die heutige dänische Gesellschaft aussagt. Das hilft Ausländern, die sich in die dänische Gesellschaft integrieren wollen, überhaupt nicht weiter."

Humlebaek ist der Meinung, dass sich das Dänisch-Sein ständig entwickelt, während der Test davon ausgehe, dass es ein Dänisch-Sein gibt, dass in alten Zeiten zu finden sei. Es sei nicht von Bedeutung, zu wissen, wer das Drama "Jeppe vom Berg" geschrieben habe.

Alf Peter Mogensen, politischer Kommentator der angesehenen dänischen Tageszeitung "Politiken" schreibt in der Internetausgabe der heutigen Zeitung, dass viele Dänen (inkl. der als Dänen Geborenen), die schon ihren Pass haben, froh sein dürften, dass sie den Test nicht zu machen brauchten.

In der Gestaltung der Fragen und des Verfahrens liege ein Symbolcharakter. Man mache den Wählern deutlich, so Mogensen, dass man sich um das dänische Kulturerbe, gewisse deutsche Politiker würden das Wort Leitkultur benutzen, verdient mache und es schütze.

Insofern sei die Einführung der unsinnigen Prüfung ein guter Tag für die rechtspopulistische "Dänische Volkspartei" und ihre Vorsitzende Pia Kjaersgaard.

Fußballweltmeisterin Ariane Hingst wechselt nach Schweden

Die 27-Jährige Kapitänin von Deutschlands Spitzenclub 1.FFC Turbine Potsdam, Ariane Hingst, spielt ab April für den schwedischen Vizemeister Djurgården Damfotboll. Den überraschenden Wechsel gab Hingst heute auf ihrer Homepage bekannt.

Da ich mich für den Frauenfußball in Schweden interessiere und immer mal bei den Heimspielen von Hammarby und Djurgården zu finden bin und auf Fansoccer auch Berichte zu den Spielen schreibe, werde ich Ariane mal um ein Interview bitten.

Mehr im April.

Gerade gelesen 1: Ann Cleeves "Svart som natten"

Für ihren Roman "Raven Black" (Schwedisch: "Svart som natten", auf Deutsch [noch?] nicht erschienen) erhielt die britische Autorin Ann Cleeves vergangenes Jahr in ihrer Heimat den "goldenen Dolch" (Golden Dagger) für den besten Kriminalroman des Jahres.

Angesichts der großen Konkurrenz gerade in Großbritannien mit brillanten Kriminalschriftstellern wie Peter Robinson, Ian Rankin, John Harvey, Reginald Hill, Mark Billingham, Stephen Booth und anderen bemerkenswert.

Cleeves hat die für uns Mittel- und Nordeuropäer eher exotischen Shetland-Inseln als Schauplatz gewählt. Eine kleine, verschlossene und abgelegene Inselwelt mit ihren eigenen Ritualen und Festen, in der Hinzugezogene erhebliche Schwierigkeiten haben, sich zu etablieren.

Eine der Neuankömmlinge ist die 16-Jährige Catherine Ross, die eines Tages erdrosselt auf einer Weide aufgefunden wird. Der Verdacht der Bevölkerung fällt sehr schnell auf den entwicklungsgestörten Einsiedler Magnus Tait, dem man gemeinhin auch schon die Verantwortung für das spurlose Verschwinden der kleinen Catriona Bruce zugeschoben hatte. Catriona wurde nie gefunden, der Fall nie geklärt.

Unterstützt durch Polizisten vom Festland, aus Aberdeen und Inverness, ermittelt Jimmy Perez, dessen Nachname schon andeutet, dass auch er ein Außenseiter in dieser abgeschirmten Welt ist, wo das häufige schlechte Wetter öfter mal dafür sorgt, dass Fähren und Flüge von und in die Hauptstadt Lerwick ausfallen.

Ann Cleeves gibt ihrem Roman und ihren Figuren Zeit sich zu entwickeln, man ist nicht unbedingt von der ersten Seite an gefesselt, aber es gelingt ihr, eine sehr atmosphärische Schilderung der Shetland-Inseln zu geben. Die Charaktere sind selbst in den Nebenrollen sehr glaubwürdig und bildhaft und am Schluss gibt es eine handfeste Überraschung.

"Raven Black" soll das erste von vier Büchern sein, dass sich mit den Shetland-Inseln befasst.

Ann Cleeves: "Shetland könnte keine endlose Serie tragen - die Handlungslinien wären begrenzt und es würde an die Grenze der Glaubwürdigkeit gehen, zu viele Morde in einer so kleinen Gemeinde passieren zu lassen - aber ich möchte mehr über Jimmy Perez schreiben. Die Inseln liegen so weit im Norden, dass die Unterschiede in den Jahreszeiten dramatisch sind. Ich glaube, Shetland könnte vier Romane vertragen, jeder spielt zu einer anderen Jahreszeit. Es wird so sein, als ob man über vier verschiedene Orte liest. Die Geschwindigkeit und der Geschmack jedes Buches wird verschieden sein und die Jahreszeit widerspiegeln, in dem es handelt."

Da ich noch nie auf den Inseln war, aber vor vielen Jahren mal an einer InterRail-Reise gebastelt habe, die mich via Schottland, Shetland und Färöer nach Island führen sollte, habe ich mir nach Lesen des Buchs ein bisschen Shetland im WWW gegönnt. Die offizielle Seite der Inseln für Touristen heißt Visit Shetland.

26. Februar 2007

Carl Bildt und kein Ende

Die Kritik an Schwedens Außenminister Carl Bildt nimmt kein Ende.

Kaum hat der ehemalige Regierungschef seine Aktien mehr oder weniger gezwungenermaßen verkauft, sieht er sich neuen, unangenehmen Dingen gegenüber.

Nun wirft man ihm vor, dass er ein Anhänger der amerikanischen Invasion im Irak gewesen sei.

Außerdem haben die Opposition und Menschenrechtsorganisationen registriert, dass die neue schwedische Regierung den Sprachgebrauch über die Vorgänge in Darfour geändert hat und nun nicht mehr wie noch die Regierung Persson von Völkermord spricht, sondern von "Vorkommnissen". Expressen und der Sender TV4 hatten zudem Bildt noch der Zusammenarbeit mit serbischen Kriegsverbrechern und türkischen Militärs beschuldigt, die wegen Mord und Folter vor Gericht stehen.

Aber Bildt bloggt unbekümmert weiter, schreibt der Kulturjournalist Patrik Svensson in der heutigen Ausgabe von Sydsvenska Dagbladet.

In Bildts Blog wird er von seinen Anhängern mit Carl angeredet, hierhin flüchtet er sich und schrieb letzten Donnerstag nicht weniger als acht Posts.

Prinzipiell, so Svensson, begrüße er, dass Politiker bloggen.

Aber: "Auch wenn Bildt sonst fleißig von der phänomenalen Hypertextfunktion des Bloggens Gebrauch macht, setzt er doch keine Links zu den Artikeln, die er kritisch kommentiert. Unmerklich und elegant vermeidet er auf die Fragen zu antworten, die er nicht beantworten will. Er kontrolliert die Arena des Konflikts wie seinen eigenen Hinterhof.

Und mit jedem Tag, der vergeht, scheint Bildts Blog sein Rettungsanker zu sein. Eine etwa sektiererisch anmutende Welt, in der man der Hauptperson gestattet, die lebensnotwendige, in der Praxis aber scheinbare Offenheit beizubehalten. Und gerade deswegen beantwortet (er) nicht die Fragen, auf die wir eine Antwort haben wollen."

Und dann war da noch 2....

der Ort Fjuckby nördlich von Uppsala. 50 Einwohner. 15 davon wollten aufgrund ständiger Scherze über den Ortsnamen diesen ändern in Fjukeby wie das Dorf früher hieß...

aber das Uppsalienser Institut für Sprachen und Volksdenkmäler lehnte den Antrag ab.

Nun wird es sicher eine Weile lang umso mehr Leute geben, die sich lustig machen über den Ortsnamen

Fjuckby

Und dann war da noch...

ein norwegisch-schwedischer Disput um den Ausschnitt von Prinzessin Madeleine (Schweden) bei den Feierlichkeiten zu König Haralds (Norwegen) 70. Geburtstag in Oslo.

Der Kommentator des zweiten norwegischen Fernsehens NRK hatte sich erdreistet, in der Live-Übertragung darauf hinzuweisen, dass es sich nicht ziemen würde...

die schwedische Boulevardzeitung Expressen analysierte daraufhin die Bilder des Tages und erwiderte, dass Kronprinzessin Mette-Marit (Norwegen) ein geschlitztes Kleid angehabt hatte...

woraufhin Norwegens TV 2 zurückschlug: "Angriff auf Mette-Martit".

Solange sich die Konflikte der beiden Länder um solche Dinge drehen, können wir auch heute wieder ruhig schlafen gehen.

23. Februar 2007

Regierung verliert immer mehr Wähler

Die selbsternannte Allianz für Schweden, die seit Oktober 2006 an der Macht ist, verliert immer weiter an Unterstützung.

Das Meinungsforschungsinstitut TEMO hat über 2000 Personen im Februar gefragt, wen sie wählen würden, wenn am Sonntag gewählt wurde. Das Ergebnis:

(s) 41,4% (+ 0,4)
(mp) 6,7% (+ 1,5)
(v) 5,0% (- 0,6)

(m) 25,2% (- 1,1)
(kd) 5,2% (+ 0,4)
(c) 6,8% ( - 0,1)
(fp) 5,6 (- 0,8%)

Die Sozialdemokraten haben das beste Ergebnis seit vier Jahren. Das linke Lager kommt damit zusammen auf 53,1%, die Regierung auf lediglich 42,8%.

Die rechtsradikalen Sverigedemokraterna kämen auf 2,5%. Für den Einzug in den Reichstag gibt es eine 4%-Sperre.

Personennummern gehen aus...

Von der Personennummer haben viele schon gehört. Wir Auslandsdeutsche in Schweden haben sie, die Zahl JJMMTT-XXXX, die in ein entsprechendes Datenregister eingegeben, vieles über uns ausspuckt.

Das heutige System mit vier Endziffern gibt es seit 1967, seit 1947 hatte man drei Endziffern. Die Personennummer wird dieses Jahr also 60. Eigentlich Zeit für eine Briefmarke. Wo die Deutschen sich gegen eine allzu große Datensammlung über Lieschen Müller regelmäßig ereifern und sich auch recht gut behauptet haben, sehen die meisten Schweden keinerlei Probleme damit, dass Vater Staat (fast) alles über seine Bürger weiß.

Nun gehen jedoch die Zahlen aus... Das System stößt an seine Grenzen. Aufgrund der vier Endziffern kann es zu jedem Geburtstag maximal 999 Personennummern geben. Würden nur hier Geborene Personnennummern bekommen, wäre das kein Problem. Aber die Zuwanderung in das Einwanderungsland Schweden sprengt das System. Da es viele Einwanderer gibt, bei denen das Geburtsdatum nicht bekannt ist und man daher eines erfindet und man dies sehr oft mit Daten wie 01.01. oder 01.07. getan hat, gibt es nun mindestens 15 Geburstage aus den 50er und 60er Jahren, bei denen die Kapazität allmählich erschöpft ist.

Zuständig für Personennummern ist - na logo - das Finanzamt, denn Steuern sind das Wichtigste im Wohlfahrtsstaat. Und die obere Finanzbehörde "Skatteverket" hat nun die Regierung gebeten, für Personen, die an diesen "kritischen" Daten geboren sind, Personennummern erfinden zu dürfen, die nicht notwendigerweise mit dem Kalender zu tun haben. So könnte man die Monate 01-12 erweitern, ebenso die Tageszahlen 01-31.

Jeder Einwohner des Landes kennt seine Nummer auswendig. Man sollte sie besser können als seinen Namen, scheint mit. Als ich im Stockholmer Söderjukhuset am Blinddarm operiert wurde und in den Tiefschlaf versetzt werden sollte, wollte man erst mal meine Personennummer hören. "Ditt personnummer, tack?"

21. Februar 2007

Schneechaos

In Süd- und Westschweden ist heute ein gewaltiges Tief mit mehreren Gigatonnen Schnee unterwegs. Wenn man das Satellitenbild bei Aftonbladet sieht, ahnt man schon, dass morgen kaum ein Zug aus Malmö oder Göteborg hier in der schweinekalten Hauptstadt ankommen wird...

Ausnahmsweise: Wort der Woche

Das "Wort der Woche" gehört zu den Markenzeichen von Fiket und das soll auch so bleiben. Dennoch möge mir Thomas verzeihen, wenn ich dieses eine Mal hier auch ein Wort vorstelle:

solochvårare

Ein solcher ist nämlich gestern zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Der Mann hatte in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Frauen bezirzt (was für ein schönes Wort) und ihnen dann billige, gemeinsame Reisen in Aussicht gestellt. Dafür überwiesen die Frauen dann Geld auf das Konto seines vermeintlichen Schwagers, dass natürlich auf Nimmerwiedersehen verschwand. Ein "solochvårare" ist also nichts anderes als ein

Heiratsschwindler,

auch wenn der Knabe die Damen nicht geheiratet hat...

Solochvårare frei übersetzt bedeutet so viel wie "Sonne und Frühlings"-Macher.

Schweden wie die Schweiz - aber mit Sexappeal

Simon Anholt ist ein Forscher in Sachen Warenzeichen. Seine Firma ist verantwortlich für den immer wieder neu herauskommenden Anholt Nation Brand Index, der aufgrund von ausführlichen Umfragen feststellt, wie angesehen oder wenig angesehen ein Staat ist.

Schweden nimmt auf der aktuellen Liste des Briten weltweit Rang 7 ein. Nicht schlecht. Gestern hielt sich der Nationenwarenzeichenforscher Anholt in Stockholm auf und sprach an der renommierten Stockholmer Wirtschaftsuniversität.

Dem Gastgeberland gegenüber zeigte sich Anholt freundlich:

"Schweden wird als glaubwürdig aufgefasst, ebenso wie die Schweiz, aber gleichzeitig als spannend und das ist eine ungewöhnliche Mischung," sagte Anholt.

Schwedische Produkte genössen einen sehr guten Ruf und Anholt wies darauf hin, dass sich Menschen in aller Welt mit Möbeln von IKEA ihre Wohnungen und Häuser einrichten, gerne VOLVO fahren und auch mal einen Absolut-Wodka lüpfen, wenn sie einen über den Durst trinken wollen.

Dagegen sei das Land schwach im Kulturbereich und da erwähnte Anholt, dass man in Sachen schwedischer Musik vorwiegend immer noch an ABBA denke.

Da stellt sich mir die Frage, wie hoch das Durchschnittsalter der Befragten der Studie war, denn den unter 50-Jährigen in vielen Ländern dürften mittlerweile schwedische Bands wie The Cardigans, The Hives, Mando Diao, The Ark, The Sounds und viele mehr nicht ganz unbekannt sein...

Was Sehenswürdigkeiten angehe, so ist Anholt der Meinung, dass Kopenhagen mit seiner Meerjungfrau bekannter als Stockholm sei. Im Land von Silvia und Carl Gustaf sei das Eishotel im lappländischen Jukkasjärvi die größte Attraktion.

Erfreulich für uns Deutsche: Unser schwarzrotgoldenes Land liegt bei Anholt auf dem Silbermedaillenplatz, direkt hinter den Briten.

Jawohl, Großbritannien ist die Nummer 1 im Nationenbranding.

Anholt: "Großbritannien hat eine Mischung aus Shakesspeare und Spice Girls, alter und neuer Kultur. Und man hält das Land für wichtig, aber nicht bedrohlich im Gegensatz etwa zu den USA."

Da mag der Brite recht haben, allerdings sollte man ihm sagen, dass weder ABBA noch die Spice Girls gemeinsam Musik machen. Victoria Beckham ist in erster Linie Frau Beckham und repräsentiert mit ihrem Gatten David die neue Gattung der Metrosexuellen.

17. Februar 2007

Auf zu IKEA

So und jetzt mache ich mich auf den Weg zu IKEA in Kungens Kurva, wo es wahrscheinlich von Menschen nur so wimmelt. Seit Jahren ein Samstags- und Sonntagsvergnügen für viele Stockholmer.

Sich in dichtem Gewimmel kaum bewegen zu können, gleichzeitig Möbel angucken und das eigene Wohnzimmer neu planen. Mittags für 49 Kronen die "mellan"-Portion Hackfleischbällchen (köttbullar) mit Kartoffeln, Sahnesoße und Preiselbeeren zu essen (Kaffee inklusive) und dann irgendwann in den wahnsinnigen Schlangen an den Ausgangskassen zu stehen.

Aber was soll man machen?

16. Februar 2007

Globalisierung

Als in Deutschland vor wie vielen Jahren eigentlich die erste Big Brother-Staffel lief, es muss wohl 2000 gewesen sein, und Namen wie Zlatko Trpkovic und Jürgen Milski einem noch etwas sagten, ja was denn eigentlich, rümpften schwedische Medien eher angewidert die Nase und runzelten die intellektuelle Stirn.

Ein paar Jahre weiter sehe ich die schwedischen Abendzeitungen und sehe den gleichen platten Verfall aller Niveaus.

Jeden Samstag weiterhin "Melodifestivalen", das ein ganzes Volk vor den Fernseher lockt. Eine Veranstaltung auf dem Niveau von Musikantenstadl und Hitparade. (Ich stelle trotzdem weiterhin die Videos der Sieger hier via youtube ein...)

Jeden Freitag "Let's Dance", wo abgehalfterte Zweit- und Drittpromis sich mit professionellen Tanzpartnern blamieren. Gestern schrie mir die Werbung einer der beiden Abendzeitungen ängstlich entgegen, dass es heute vielleicht ausfallen müsste, weil sich in Folge einer grassierenden Magen- und Darmgrippe mehrere Teilnehmer übergeben würden (auch so ein Wort: "kräksjuka"). Leider nur eine unerfüllte Hoffnung. Es wird getanzt.

Jedes Jahr: Idol. Schweden sucht den Superstar. Vier Möchtegernschallplattengurus beleidigen und belobhudeln mehr oder minder mäßig begabte Heranwachsende und ein Land schaut zu.

Morgen der Super-GAU: IDOL-Måns und IDOL-Stefan oder wie hieße er, treten beim ESC-Vorentscheid an.

Das nenne ich Globalisierung.

14. Februar 2007

Hölle Schweden

Eine interessante und lebhafte Diskussion findet bei Fiket.de statt. Anna Wahlgrens Artikel über Kinderbetreuung in Schweden auf einer katholischen Homepage in Deutschland.

Johanna Sällström tot aufgefunden

Am Dienstagabend fand man die Schauspielerin Johanna Sällström tot in ihrer Wohnung in Malmö. Sie wurde nur 32 Jahre alt. Die Polizei hat keine Verdachtsmomente hinsichtlich eines Verbrechens.

Johanna Sällström war vor allem durch ihre Darstellung der Linda Wallander, Tochter des Kommisars Kurt Wallander aus den Roman von Henning Mankell, bekannt geworden.

Sie hinterlässt eine fünf Jahre alte Tochter.

13. Februar 2007

Russland poltert

Nachdem Russlands Präsident Wladimir Putin vergangenes Wochenende in München einen Frontalangriff auf die USA startete und ankündigte, Russland werde in den kommenden Jahren auch nuklear gewaltig aufrüsten, verbreiten sich die Wellen des neuen, alten russischen Selbstbewusstseins auch nach Schweden.

Botschafter Alexandr Kadakin äußerte sich gegenüber dem schwedischen Rundfunk zur Diskussion um die russischen Pläne, im Rahmen der Erdgasleitung durch die Ostsee eine Plattform im Meer zu errichten: "Die Debatte um die Plattform hat ein Idiotenniveau erreicht, es ist völlige Idiotie zu behaupten, dass die Plattform zu einer Art Spionierzentrale werden könnte, die sich gegen Schweden richtet. Was ist das für ein Idiot, der so etwas seinen schwedischen Vorgesetzten berichtet?"

Und weiter zu den Umweltbedenken gegen die Gasleitung: "Wir sind auch praktisch denkende Menschen. Es wird oft vergessen, dass auch Russland ein Ostseestaat ist. Wir sind keine Idioten, die unser eigenes Meer vergiften wollen, denn wir leben da ja auch."

Fazit:

Herr Kadakin liebt das Wort "Idiot".

Er ist ein lupenreiner Diplomat.

Russland ist ein Musterbeispiel für Umweltschutz.

Fortsetzung folgt bestimmt.

12. Februar 2007

Auf dem Weg zur Arbeit

Stockholm ist eine Großstadt. Stockholm ist eine Weltstadt. Manchmal zumindest, wenn Nobelpreise verliehen werden oder ein König 60 wird.

Die U-Bahnlinien ziehen sich wie grüne, rote und blaue Adern durch den Körper der schwedischen Hauptstadt. T-Centralen ist das Herz, das jeden Tag mehrere Hunderttausend Reisende aus Zügen, S-Bahnen, U-Bahnen ausspuckt und wieder aufnimmt. um sie irgendwo im Netz der Haltestellen und Bahnhöfe zu verteilen.

Die Stoßzeiten sind hektisch. Auf den Rolltreppen bleibt kaum jemand stehen, alle scheinen im Laufschritt zu ihren Arbeitsplätzen zu hasten, um nach acht Stunden Arbeit wieder ebenso schnell Richtung Kindergarten, Schule, Fitnessstudio, Theater, Zuhause zu verschwinden.

An den Verkehrsknotenpunkten stehen Männer und Frauen in gelben, grünen und roten Jacken und verteilen drei verschiedene Gratiszeitungen: Metro, Stockholm City und Punkt.se. Fast ein bisschen aufdringlich bekommt man bei T-Centralen, Gullmarsplan, Slussen, Hötorget alle drei Zeitungen zugereicht. Obwohl ich denke, dass der Job nicht unbedingt Erfüllung zu bringen scheint, macht es den Zeitungsverteilern offenkundig Spaß. An manchen Haltestellen steht eine kleine Armee von ihnen und hält sich mit Witzen mit den Reisenden warm, die meist nur die Zeitung entgegennehmen, manchmal aber auch Zeit haben für ein Lächeln oder ein gemurmeltes "Danke", bevor sie auf der nächsten Rolltreppe Richtung Arbeitsplatz entschwinden.

Die Dixie Chicks haben bei der Verleihung der Grammys abgeräumt, lese ich in City. Fünf Preise gewinnt das Country-Trio. Vor zwei Jahren waren die Dixie Chicks von etlichen amerikanischen Radiosendern boykottiert worden, weil sie den Krieg im Irak und den amerikanischen Präsidenten George W. Bush kritisiert hatten. Nun feiern sie Triumphe im öffentlichen Amerika. Auch ein Zeichen für die Wende in den USA, die sich schon bei den Senats- und Kongresswahlen Ende letzten Jahres dokumentiert hatte. Drei Statuen gehen an die unbestrittene Queen des R'n'B. Mary J Blige wurde für ihr Album "Breakthrough" prämiert. Der Song "Be Without You" wurde bestes R'n'B-Stück des Jahres. Ebenfalls empfehlenswert von diesem Album Marys Duett mit Bono beim Cover von U2s "One".

11. Februar 2007

Anjas dritter Streich

Tja, nachdem die Startnummer 27 unter ohrenbetäubendem Jubel beim WM-Abfahrtslauf der Damen in Åre ins Ziel raste und die drei nachfolgenden Frauen ihre Zeit nicht gefährden konnten, waren einige Entscheidungen des gerade begonnenen Sportjahres 2007 schon gefallen.

Sportlerin des Jahres.

Bragdguld. (=die sportliche Leistung des Jahres)

Anja Pärson aus Tärnaby holte im dritten Rennen der WM die dritte Goldmedaille und mit 25 Jahren schon ihren siebten WM-Titel insgesamt.

Dass die schwedische Presse jetzt davon ausgeht, dass sie auch Riesenslalom und Slalom gewinnt, verwundert nicht, ist aber möglicherweise zu viel des Guten.

Anja und ihr Vater sind von den Kindesbeinen der kleinen, kräftigen Nordschwedin unzertrennlich im Privaten wie im Beruflichen. Es ist eine wiederkehrende Erfolgsgeschichte, die wir schon von Peter und Steffi Graf, aus dem Skizirkus auch von Helmut und Marc Girardelli kannten.

EXPRESSENs Sportreporter Mats Olsson macht Anja Pärson in einem Kommentar schon zur grössten Sportlerin Schwedens aller Zeiten. Lediglich die Herren Björn Borg und Jan-Ove Waldner seien noch höher einzuschätzen. Möglicherweise hat er sogar recht. Und Anja ist erst 25 Jahre alt und wird sicher noch eine weitere WM und eine Olympiade mitmachen.

Dass sie vom Aussetzen ihrer grössten Konkurrentin Janica Kostelic profitiert hat, kann man nicht sagen. Die Konkurrenz, gerade in den schnellen Disziplinen, ist durch die Amerikanerinnen Julia Mancuso und Lindsey Kildow, die Österreicherin Renate Götschl stark genug.

Marianne Fredriksson gestorben

Sie war nicht nur in Schweden sondern auch in Deutschland eine der meistgelesenen Autorinnen aus dem hohen Norden. Heute Abend teilte ihre Agentin mit, dass Marianne Fredriksson im Alter von 79 Jahren gestorben ist.

10. Februar 2007

Ein Samstag in Schweden

Strahlender Wintersonnenschein in Stockholm. Anders sieht es in Åre aus, wo zum dritten Mal während der laufenden Alpinen Ski-WM ein ganzer Wettkampftag abgesagt werden musste, zu dicht der Nebel über dem Hausberg Åreskutan.

Die WM hat Schweden durch die beiden Siege Anja Pärsons in eine Euphorie versetzt, leider aber nur vor den Bildschirmen und in den Medien.

Die Ränge bei den Wettkämpfen in Jämtland sind weitgehend leer. Anjas gestrigen Sieg bejubelten vor allem Schüler und Schülerinnen aus Åre, die von den Veranstaltern freien Eintritt bekommen hatten. Åre ist nicht billig, liegt weitab von größeren Stadtgebieten und außerdem beginnen die einwöchigen Sportferien für die Familien erst ab der nächsten Woche.

Biathletin Anna-Carin Olofsson, hier in Schweden kurz ACO genannt, hat eine Magendarmgrippe und startet nicht im in 14 Minuten beginnenden Massenstart-Rennen bei der Biathlon-WM im italienischen Antholz.

Heute Abend steigt das zweite Viertelfinale im schwedischen Vorentscheid des ESC. Dieses Mal werden wohl auch viele jüngere Zuschauer vor den Schirmen sitzen. Die Qualität der ersten Runde war nur mäßig. Heute Abend startet die Rockpopband The Ark ins Rennen.

In Deutschland gewann Oomph! den Bundesvision Song Contest, den Metzger und TV-Star Stefan Raab als Gegenwettbewerb für einen vor sich dahindümpelnden deutschen Wettbewerb veranstaltet. Künstler wie Mia und Jan Delay hatten teilgenommen, der Sieg ging etwas überraschend an die Niedersachsen repräsentierende Braunschweiger Band.

9. Februar 2007

Skandal bei Rockkonzert in Halmstad

Letzten Samstag trat die schwedische Hardrockformation Shining in Halmstad auf. Im Publikum vorwiegend Jugendliche, die eine Bühnenshow erlebten, die man in den großen Arenen sonst nicht sieht: Sänger Niklas Kvarforth trank Urin aus einer Flasche, fügte sich mit Rasierklingen Schnitte zu und beendete das Konzert blutüberströmt.

Konzertveranstalter Conny Jarlestål nach dem Konzert zum Lokalfernsehen: "Wenn ich gewusst hätte, was passiert, hätte ich das nie gemacht. Niemals würde ich meine Kinder ein Konzert mit Shining sehen lassen."

Sänger Kvarforth verstand das Entsetzen und die Kritik nicht: "Das war doch ein ganz normales Konzert von Shining."

Die Band existiert seit 1996 und ihre Musik fällt unter die Kategorie "Black Suicide Metal", kommt aus Halmstad und hat bereits fünf Alben veröffentlicht. Hätte der Veranstalter gegoogelt, hätte er in etwa sehen können, was er erwarten könnte...

Frauen des Tages: Anja und Anna

Auch die zweite Entscheidung der Damen bei den Alpinen Skiweltmeisterschaften im jämtländischen Åre endete mit einem Sieg der 25-Jährigen Anja Pärson aus Tärnaby.

In der Kombination aus Abfahrt und Slalom, die heutzutage zuschauerfreundlich an einem Tag innerhalb weniger Stunden ausgetragen wird, siegte Pärson mit nahezu einer Sekunde Vorsprung vor der Amerikanerin Julia Mancuso. Und seine Majestät Carl XVI Gustaf saß offenbar auch vor dem Fernseher und schickte flugs ein Telegramm.

Die andere Frau, die heute die Berichterstattung der schwedischen Medien dominiert, ist die gestern unter noch ungeklärten Umständen verstorbene Anna Nicole Smith, deren tragischer Tod nach tragischem Leben CNN sogar eine E-Mail unter der Rubrik "BREAKING NEWS" wert war. Ich bin sicher, dass das kurze, turbulente Leben des amerikanischen Models in wenigstens eine Biographie, einen Roman und einen Film münden wird.

Bei youtube fand ich ein Video, bei dem deutlich wird, dass Frau Smith den Alkohol, die Drogen, den Ruhm, die Täuschungen, all the marbles eben nicht verkraftet hat.

8. Februar 2007

Norwegen/Türkei: Foto des Jahres

Die Volleyballjuniorinnennationalmannschaft aus Norwegen war im Mai 2006 in der Türkei. Hanne Steen, Betreuerin, Fotografin und Webmasterin der Homepage des Vereins Öksil machte Fotos von der Reise und stellte sie allabendlich ins Netz.

Im Mai 2006 hatte die Homepage des kleinen Vereins über 200.000 Besucher. Hanne Steen berichtet, dass die norwegischen Mädchen bei den türkische Männern sehr gut ankamen und man eine gewisse Popularität in Ankara erreichte. Als die Truppe dem Rummel der Stadt entfloh, um sich in Ruhe zu sonne, tauchte plötzlich ein Militärhubschrauber auf, der dreimal in sehr geringer Höhe über den jungen Skandinavierinnen kreiste. Aus dem Hubschrauber wurde fotografiert.

Das wiederum fotografierte Hanne Steen. Ein türkischer Journalist "klaute" das Bild von der Homepage und flugs wurde es in neun türkischen Zeitungen gedruckt, CNN-Türkei nahm sich des Themas ebenso an wie zwei weitere Fernsehanstalten des EU-Beitrittskandidaten.

Und nun wurde das Foto zum Pressebild des Jahres 2006 in der Türkei gekürt. Hanne Steen will kein Geld für ihre Arbeit, vermutlich hat der türkische Kollege etwas kassiert, denn ausgezeichnet wurde die Nachrichtenagentur, für die er arbeitet und nicht Hanne Steen.

Wers sehen möchte: Hier ist eine größere Version des Bildes.

Die ganze Geschichte (auf Norwegisch)...

Salatbar landesweit bekannt

Die bekannteste Salatbar Schwedens befindet sich in Göteborg und gehört Sofia Appelgren. Das Etablissement ist seit einigen Wochen landesweit in den Medien, allerdings nicht etwa weil hier die besten Salate des Königreichs gemacht werden.

Die drei Teilzeitbeschäftigten der Salatbar haben keinen Tarifvertrag und Frau Appelgren weigerte sich, mit der Gewerkschaft einen vertrag abzuschließen, weil sie es sich nach eigenen Angaben aus wirtschaftlichen Gründen nicht leisten könne.

Also wurde die Salatbar Anfang Dezember in den Blockadezustand versetzt. Mahnwachen der Gewerkschaften standen tagein, tagaus vor dem Laden und verhinderten zudem, dass der Müll abtransportiert wurde.

Fernsehteams und schreibende Presse gaben sich die Klinke in die Hand. Gestern nun das Aus. Sofia Appelgren: "Die Gewerkschaft hat mich als Basebollschläger einer Debatte gemacht und so kann ich mein Leben nicht leben." Die junge Frau will ihr Studium wieder aufnehmen.

Das Thema ist wichtig, gerade nachdem wir in Schweden nun eine neue Regierung haben, die es nicht ungern sieht, dass die Gewerkschaften geschwächt werden. Wirtschaftsministerin Maud Olofsson (c) ist die Vorkämpferin für alle kleinen und mittelständischen Unternehmer und hat schon im Wahlkampf beklagt, dass Arbeitnehmer zu viele Rechte hätten und dies das Leben der kleinen Arbeitgeber unnötig erschwere.

Man hat von verschiedenen Seiten versucht, Sofia Appelgren politisch auszunutzen, aber der Frau ist anzurechnen, dass sie die Avancen des konservativen Lagers abgelehnt hat, obwohl man sich ihr angebiedert hat.

Die Gewerkschaften setzen ihre Blockade fort, bis die Eigentumsverhältnisse geklärt sind. Denn Sofia wird verkaufen und es gibt mehrere Interessenten. Man will gewerkschaftlich darauf achten, dass ein neuer Eigentümer einen Tarifvertrag mit seinen Beschäftigten abschliesst.

Börsenhoch und Investitionshilfe

Heute Morgen in "Gomorron Sverige": Auf dem Fernsehsofa zwei Experten der SE-Bank, die zum neuen Rekordhoch an der Stockholmer Börse befragt werden und den Zuschauern Tipps geben sollen.

Der eine rät uns, dass wir nur 10% unseres Sparkapitals in Aktien investieren sollten, den Rest in Fonds, vor allem mit schwedischen oder westeuropäischen Aktien im Portfolio.

Die meisten Schweden können es sich jedoch gar nicht leisten monatlich zu sparen. Vielleicht war der Beitrag auch nur an 5% der Bevölkerung gerichtet?

7. Februar 2007

Deutsche lieben Schweden

Der amerikanische Journalist Eric T. Hansen lebt schon seit einigen Jahren in Deutschland und hat jetzt über die Deutschen ein Buch geschrieben:

"Planet Germany. Eine Expedition in die Heimat des Hawaii-Toasts."

Henryk M Broder, der gleichermaßen scharfzüngige wie intellektuelle SPIEGEL-Autor rezensiert das Buch auf der Homepage des Hamburger Magazins.

Im Buch stellt Hansen fest, dass die Deutschen glaubten, sie müssten sich von der Amerikanisierung befreien, dass sie aber gar nicht wahrnähmen, dass sie längst völlig schwedisiert seien.

Möbel von IKEA, Auto von VOLVO, Pornos aus Schweden, Bücher von Mankell, Klamotten von H&M....

Ich werde mir Hansens Diagnose mal besorgen und später an dieser Stelle rezensieren.

Dies und das

Bitter kalt ist es heute Morgen in Stockholm. Das staatliche meteorologische Institut in Norrköping (SMHI) hat - 13 Grad für die Hauptstadtregion angekündigt. Und genauso fühlte es sich auch an. In Åre, wo heute das Training für die Abfahrt der Damen bei den Alpinen Skiweltmeisterschaften stattfinden soll, wurden - 26 gemessen.

Die U-Bahnen waren nicht annähernd so voll wie gestern, als viele S-Bahnfahrer ausweichen mussten, weil 25% aller S-Bahnen aus dem Verkehr gezogen sind. Warum? Die Betreiberfirma hat festgestellt, dass in den Akten die alle zwei Jahre vorgeschriebenen Sicherheitskontrollen nicht dokumentiert sind. Reine Schlamperei also führt dazu, dass Tausende auf den Bahnsteigen von Märsta bis Nynäshamn, von Bålsta bis Södertälje sich die Füße abfrieren und dicht gedrängt Richtung Stadt fahren müssen.

Währenddessen wird der Skandal um das Kernkraftwerk Forsmark größer und größer. Nicht erst im Sommer 2006, als nach einem Stromausfall der Reaktor heiß lief, hatte man erhebliche Sicherheitsmängel festgestellt, bereits Anfang 2005 gab es sehr kritische Stimmen. Nun wird in Erwägung gezogen, dass die internationale Atombehörde das Kernkraftwerk inspiziert. Für das hochtechnologische Schweden eine peinliche Angelegenheit, für die Bevölkerung allerdings eine willkommene Schutzmaßnahme.

Und die Wirtschaft brummt. Der Aufschwung hält an. Überall soll es neue Arbeitsplätze geben, melden die Konjunkturinstitute. Allein in Stockholm werden dieses Jahr 50.000 neue Arbeitsplätze geschaffen, schreiben alle Tageszeitungen und berufen sich dabei auf eine Prognose der Stockholmer Handelskammer.

Die neue Regierung schreibt sich das natürlich auf ihre Fahnen, aber schon im vergangenen Jahr unter Göran Persson waren die Zahlen entsprechend positiv gewesen und die Entwicklung vorgezeichnet.

Der Schwede ist optimistisch und darüber freuen wir uns. Das führt auch dazu, dass die Wohnungs- und Häuserpreise trotz steigender Zinsen vermutlich weiter in die Höhe gehen werden. Eigentlich hatte man vermutet, dass der stete Preisanstieg für eigenes Wohnen in diesem Jahr zurückgehen würde, zumal die schwedische Reichsbank mehrmals vergangenes Jahr die Zinsen erhöht hatte und auch für 2007 2-3 weitere Zinserhöhungen ankündigt.

6. Februar 2007

Chinesische Toppspielerin nach Umeå

Im Frauenfußball ist der nordschwedische Verein Umeå IK Nummer 1 auf einer aktuellen Weltrangliste. Seine brasilianische Stürmerin Marta wurde 2006 endlich zur weltbesten Spielerin gewählt.

Nach der Saison 2006 hatten zunächst Anna Sjöström und danach dann Kapitänin Malin Moström ihren Rücktritt vom aktiven Sport erklärt. Man war gespannt darauf, wen die pfiffigen Nordschweden als Nachfolgerin engagieren würden. Caroline Seger? Nilla Fischer? Vielleicht einen Star aus Deutschland?

Gestern gab Umeås Sportchef Roland Arnqvist bekannt, dass die 19-Jährige chinesische Nationalspielerin Ma Xiaoxu ab Ende Februar für den fünffachen schwedischen Meister und zweifachen Europacupsieger spielen wird. Das ist eine mindere Sensation - noch nie hat eine Chinesin für einen Verein außerhalb ihrer Heimat gespielt.

Ma wurde bei der F20-Weltmeisterschaft vergangenes Jahr in Russland zur besten Spielerin des Turniers gewählt. Sie gilt als schnell, technisch hoch entwickelt und ist eines der größten Talente im Frauenfußball. Die Weltmeisterschaften finden im September in China statt.

Ende August wird Ma dorthin zurückkehren, aber Umeå IK hat eine Option auf Verlängerung des Vertrags.

Bekannte Deutsche in Schweden: Peter Antoine

Es gibt wenige Deutsche, die in Schweden leben und von sich behaupten können, dass sie sehr bekannt seien...

Einer, dessen Konterfei inzwischen jedes Kind kennt, ist der ehemalige Fußballtrainer Peter Antoine, der für einen deutschen Elektronikgroßhändler Werbung für die beiden bislang eröffneten Kaufhäuser in Stockholm und Göteborg macht.

Im weißen Trainingsanzug mit rot-weißen Ärmeln und mit Brille und "hockeyfrilla", einer etwas veralteten Frisur, ist er unschwer als Deutscher zu erkennen, der die Angebote des Konzerns für "scheissebillig" hält und sich, wie ich vorgestern im Kaufhaus sehen konnte, darüber freut, dass das Sortiment so "scheissebredd" sei.

Leider ist die Kampagne überall zu sehen und damit ein Mosaiksteinchen im Deutschlandbild vieler Schweden, die falls sie nicht Deutsch in der Schule gelernt haben, nur ein paar Wörter kennen: Autobahn, Danke, Ich liebe dich und nun eben "scheissebillig".

Der gebürtige Essener hat früher die teams von Mjällby und Assyriska trainiert und beim Fernsehsender TV 4 und auch TV5 als Experte Sendungen begleitet. Nun sammelt er Schrott auf Müllkippen und tauscht sie beim Elektronikhändler gegen neue Waren ein...

Es ist ihm sogar schon vergönnt gewesen, im Radio parodiert zu werden durch Stimmenimitator Mårten Andersson. Wer Schwedisch kann, sollte mal reinhören...

Im Gedränge

Und da wunderte ich mich heute Morgen, warum es in der U-Bahn so eng war. Ein Viertel aller S-Bahnen (Pendelzüge) hatte man bei SL (Storstockholms Lokaltrafik) aus dem Verkehr genommen, weil sie auf ihre Sicherheit überprüft werden müssen.

Statt mit der S-Bahn bis zum Stockholmer Bahnhof zu fahren, stiegen deshalb viele Tausend Menschen auf U-Bahnen (tunnelbana) und Busse um.

Gold für Anja

Anja Pärson war abgetaucht in den letzten Tagen. Die 25-Jährige Schwedin tauchte beim Super-G in Åre wieder aus der Versenkung auf und gewann mit zwei Zehntel Sekunden Vorsprung ihre fünfte Goldmedaille bei Weltmeisterschaften. Damit hat sie ebenso viele Medaillen bei WMs gewonnen wie ihr großer Landsmann Ingemar Stenmark.

Grattis, Anja! Und die verspätet gestartete WM im schönen Åre hätte besser kaum für Schweden anfangen können. Jetzt steigen natürlich die Erwartungen an die ehrgeizige Athletin...

Mihajlovic bleibt in Schweden

Der Leiter von "kriminalvårdsstyrelsen", der staatlichen Behörde, der der Justizvollzug untersteht, Lars Nylén, hat bekanntgegeben, dass Anna Lindhs Mörder Mihajlo Mihajlovic nicht nach Serbien ausgeliefert wird.

Mihajlovic hatte seine schwedische Staatsbürgerschaft zurückgegeben und beantragt, den Rest seiner lebenslangen Haftstrafe in Serbien absitzen zu dürfen. Da Serbien jedoch nicht zu lebenslanger Haft verurteilt und nicht sagen konnte, wie lange Mihajlovic dort einsitzen würde, hat man sich entschlossen, dem Gesuch Mihajlovics nicht stattzugeben.

Nationaltag der Samen

Der 06. Februar ist der Nationaltag der Samen, der Urbevölkerung von Lappland. Die politisch korrekte Benennung ist also "Same" und NICHT Lappe, wie man es noch in einigen im Handel erhältlichen deutschsprachigen Reiseführern finden kann.

Auf der 15. Samenkonferenz in Helsinki 1992 hatte man beschlossen, den 6. Februar zum Nationaltag der Samen auszuersehen. Samische Bevölkerung gibt es traditionell in den nördlichen Teilen Norwegens, Schwedens, Finnlands und Russlands.

Die Samen haben ein eigenes Parlament, das "Sametinget", dessen Homepage auch Informationen in deutscher Sprache anbietet.

In Stockholm kann man den Nationaltag im Freilichtmuseum Skansen begehen. Zum ersten Mal weht heute auch die samische Flagge auf dem Stockholmer Stadshuset.

Ausverkauf

Die bürgerliche Stadtregierung von Stockholm will in der laufenden Legislaturperiode einen Großteil der bislang unter kommunaler Regie stehenden Betriebe verkaufen.

In der Stadtverwaltung Stockholms sollen ca. 500 Arbeitsplätze verschwinden. Bürgermeisterin Kristina Axén Olin (m) verspricht sich davon, dass mehr Frauen eigene Betriebe gründen und die Konkurrenz größer wird.

Für die Hauptstadt arbeiten insgesamt rund 46.000 Angestellte. Während der letzten bürgerlichen Mandatperiode in Stockholm zwischen 1998 und 2002 wurden über 1200 kommunale Betriebe privatisiert.

Nun geht der Ausverkauf weiter.

Das Wort vom Montag

Man wird Schwede, wenn einem seine Behausung gehört.

Kristina Axén Olin (m) Bürgermeisterin von Stockholm ("finansborgarråd") über den Ausverkauf der kommunalen Mietwohnungen in Stockholm

5. Februar 2007

Tod nach Hochzeit

Akalla im Norden gehört nicht gerade zu den vornehmsten Adressen in der Hauptstadt. Man erreicht es mit der blauen Linie der Tunnelbana, von manchen herablassend "Orientexpress" genannt, weil die meisten Einwohner des Järvafeldes, am Nordzipfel der Gemeinde Stockholm, Einwanderer sind.

Am Samstag fand hier eine Hochzeit statt. Knapp 200 geladene Gäste feierten. Am Ende gab es Streit. Einer der Gäste setzte sich in sein Auto und raste mit voller Absicht in eine Menschentraube. Sieben Menschen wurden verletzt.

Ein 47 Jahre alter Mann starb heute Nachmittag im Karolinska Krankenhaus in Solna an seinen schweren Verletzungen. Nach einem Verdächtigen wird gesucht.

Tag 3 in Åre - Noch immer keine Wettkämpfe

In Åre/Jämtland geht der dritte Tag der Alpinen Skiweltmeisterschaften 2007 zu Ende und noch immer haben wir keinen Läufer die Pisten heruntersausen sehen. Das Wetter lässt es nicht zu. Starker Wind, starke Schneefälle. Die 700 freiwilligen Pistenhelfer können nichts gegen die Naturgewalten am Åreskutan ausrichten.

Das ist eigentlich alles andere als eine Überraschung. Das Wetter in Jämtland und in den Bergen um Åre ist im Februar oft sehr wechselhaft. Die Schweden hatten den internationalen Skiverband auch um einen späteren Termin für die WM gebeten, aber alles muss sich dem Weltcupzirkus anpassen. Und nun hat man den Salat.

Das Ganze ist natürlich mehrfach schädlich. Åre und Schweden wollten sich der Welt von der besten Seite zeigen und dokumentieren, dass man auch in Schweden sehr gut Winterurlaub machen kann und sehr schnell bergab fahren kann. Nun zeigen Fernsehstationen aus vieler Herren Länder statt spannender Wettkämpfe den dritten Tag hintereinander Bilder, die wenig dazu anregen, hier Urlaub zu machen.

Schade. Denn der kleine Ort an der Europastraße zwischen Östersund und dem norwegischen Trondheim hätte Besseres verdient.

Filesharing: Mehr Macht für Plattenfirmen

Noch vor einem guten halben Jahr hofften viele Nutzer von Filesharing-Börsen wie Limewire, dass der schwedische Gesetzgeber eine Liberalisierung des geltenden Rechts vorschlagen würde, dass auch das Herunterladen von urheberrechtlich geschützter Musik und Filmen untersagt. Konservative und Grüne waren sich ausnahmweise einig und waren der Ansicht, man könne nicht Hunderttausende kriminalisieren.

Jetzt sieht es düster aus. Im Justizministerium soll nach Angaben von Dagens Nyheter an einem Vorschlag gearbeitet werden, der sogar den Plattenfirmen das Recht gibt, bei Internetprovidern Informationen zu bekommen, wer sich urheberrechtlich geschütztes Material herunterlädt. Bislang war diese Information lediglich der Polizei oder der Staatsanwaltschaft vorbehalten.

Literatur - Susanna Alakoski: Svinalängorna

Die Debütantin Susanna Alakoski (*1962) erzählt in ihrem noch nicht ins Deutsche überzetzten Roman „Svinalängorna“ (etwa: „Die Schweinshäuser“) vom Aufwachsen der Ich-Erzählerin Leena und ihrer beiden Freundinnen Riitta und Åse. Es geht um das Ende der 60er und den Anfang der 70er Jahre und wie Henning Mankell, so hat auch Susanna Alakoski das südschwedische Ystad als Schauplatz ihres Romans ausgesucht. Im Falle der Autorin ist das autobiographisch, sie wurde in Vasa geboren und zog mit ihren Eltern nach Ystad in den neu gebauten Stadtteil Fridhem.

In den 60er Jahren wanderten einige Hunderttausend Finnen in Schweden ein. Es ist die Zeit, in der Schweden und seine sozialdemokratischen Regierungen ganz intensiv am Folkhem, dem Volksheim bauen. In Schweden, das vom Zweiten Weltkrieg verschont blieb, herrscht beinahe Vollbeschäftigung und um den Arbeitskräftemangel zu decken, werden Männer und Frauen aus dem östlichen Nachbarland geholt. Dort sieht es wirtschaftlich nicht so gut aus, Finnland muss hohe Reparationszahlungen an die Sowjetunion leisten.

Susanna Alakoski hat ein grossartiges Debüt vorgelegt. Es ist ein Stück schwedischer und auch finnischer Sozialgeschichte, es ist ein Arbeiterroman aus der Unterschicht der Gesellschaft. Alakoski soll selber in Fridhem gewohnt haben und hat erst als Erwachsene erfahren, dass man ihren Stadtteil abfällig „Svinalängorna“ nannte.

Die Ich-Erzählerin Leena wächst mit ihren Geschwistern Markku und Sakari und den Eltern in Ystad auf. Mit der Zeit trinken Leenas Eltern immer mehr, sie sind „periodare“, saufen in Perioden und dann gibt es wochenlang nichts im Kühlschrank und Leena muss sich um ihren kleinen Bruder kümmern und versucht, immer mehr Zeit bei ihrer Freundin Åse zu verbringen. Immer schlimmer werden die Alkoholperioden der Eltern, Vater Kimmo misshandelt seine Frau, bricht ihr mehrere Rippen. Mehrfach werden die Kinder vom Sozialamt in Gastfamilien platziert.

Alakoski schildert das alles sehr sinnlich aus der Kindesperspektive, das Kind, das sich nach Ruhe sehnt und sich für seine Eltern schämt. Das Buch wird verfilmt werden, war kürzlich zu lesen und es gewann Ende 2006 den renommierten August-Preis für den besten Roman des Jahres. In Schweden leben rund 450 000 Schwedenfinnen. Bislang gibt es sehr wenig Literatur aus ihren Reihen. Man kann nur hoffen, dass Susanna Alakoskis glänzender Roman von vielen „Sverigefinnar“ gelesen wird und zum Schreiben motiviert.

Das Buch „Svinalängorna“ ist ein Stück Arbeiterliteratur und knüpft damit auch an eine alte Tradition in der schwedischen Literatur an. Für diese Art Literatur schien es eigentlich keine Nachfrage mehr zu geben. Dass Alakoskis Buch jetzt schon in zwölfter Auflage gedruckt wird, scheint die Feuilletonisten jedoch eines Besseren zu belehren.

Strompreis-Horror

Jedes Mal, wenn ich einen Brief von meinem Stromlieferanten bekomme, warte ich erst ein mal ein paar Stunden, bevor ich ihn öffne. Denn die Strompreise sind in Schweden in den vergangenen Jahren drastisch gestiegen.

Als es möglich wurde, seinen Stromlieferanten selbst zu wählen, der Markt also liberalisiert wurde, sagten uns die Politiker und Journalisten, dass durch die grosse Konkurrenz für Konsumenten wunderbare Zeiten anbrechen würden.

Ich kündigte unserem Hauslieferanten und bestellte Strom bei einem regionalen Anbieter aus Nordschweden, dem es irgendwie gelingt, den Strom für unser Haus genau in unsere Glühbirnen und in unseren Fernseher zu pumpen, fragt mich nicht wie.

Dann stiegen die Strompreise. Bei allen Unternehmen. Mal war zu wenig Wasser in den Reservoiren der Hersteller, mal zu viel Wasser und mal waren Mitarbeiter von Kernkraftwerken betrunken und mussten mal kurz abschalten…

Und wenn nichts dergleichen passierte, konnte man sich immer noch über den Staat freuen, der auf den Nettostrompreis saftige Energiesteuern erhob und dann auf die Summe von Strompreis und Energiesteuer noch einmal 25% Mehrwertsteuer draufschlug. Das geschieht immer noch und ich bin ziemlich sicher, dass das widerrechtlich ist.

Meine letzte Stromrechnung beläuft sich jedenfalls für drei Monate auf ca. 500 Euro. Dazu kommen aber noch die sogenannten Netzgebühren. Denn natürlich betreibt mein Lieferant aus Nordschweden nicht das Stromnetz in meiner Heimatgemeinde ausserhalb von Stockholm. Das macht der Stromgigant Vattenfall, der auch Angela Merkels Büro im Kanzleramt mit Energie versorgt. Und folglich zahle ich noch einmal ca. 130 euro Netzgebühren jeden zweiten Monat.

Diese Woche nun stellte sich heraus, dass viele Stromlieferanten im Jahr 2005 vieol zu hohe Netzgebühren verlangt haben. Die staatliche Energiekommission hat eine Untersuchung gemacht und glaubt, dass die Schweden 2005 ca. 55 Millionen Euro zu viel bezahlt haben…
Die Stromkonzerne , deren Gewinne seit einigen Jahren ins Unermessliche steigen (wieso eigentlich, wenn sie doch immer höhere Kosten haben und bedauern, dass sie die gestiegenen Kosten an die Konsumenten weiter geben müssten?) werden vermutlich zurückzahlen müssen.

Das kann aber ca. 5-6 Jahre dauern, da man erwartet, dass die Konzerne gegen Rückzahlungsforderungen Protest einlegen werden. Die Anwaltskosten werden dann vermutlich wiederum den Konsumenten weitergegeben…

Milde Urteile für Mord in Fittja

Im September 2006 wurde ein 47-Jähriger Mann, Vater von drei Kindern, von mehreren Jugendlichen zusammengeschlagen, getreten, mit mindestens einem Messerstich bedacht. Tatort: Ein Schulhof in Fittja, einem Vorort Stockholms, der nicht unbedingt den besten Ruf hat. Es ging das Gerücht, der Mann habe die Schwester eines der Jugendlichen sexuell belästigt. Daraufhin erteilten sie ihm eine Lektion.

Der Mann starb noch am selben Abend.

Vergangene Woche hat das Amtsgericht in Huddinge nun die Urteile gegen vier Angeklagte verkündet. Ein 15-Jähriger wird zu sechs Monaten Jugendhaft verurteilt, ein zweiter Angeklagter zu Jugendarbeit, die beiden anderen Angeklagten wurden freigesprochen.

Das Messer des 15-Jährigen Angeklagten war 33 ccm lang gewesen. Nach Angaben des Gerichtsmediziners war es gegen das Opfer mit „grosser Kraft“ eingesetzt worden. Der zweite Angeklagte kommt vermutlich mit ein paar Gesprächsterminen beim Jugendamt davon. Die Leiche des Opfers war übelst zugerichtet. Nach der Tat logen alle vier Angeklagten, es gab offenkundig Drohungen gegenüber Zeugen des Mordes. Alle vier Angeklagten zerstörten noch in der Nacht des Mordes die SIM-Karten ihrer Mobiltelefone, um jegliche Nachforschungen unmöglich zu machen.

Die Ermittlungen der Polizei lassen darauf schliessen, dass es Zeugen gab. Zeugen, die vorsichtige Aussagen gemacht haben. Denen das Gericht kaum Glauben schenkte. Dreien der Täter können die Zeugen schon ab Montag wieder auf dem Schulhof begegnen, schreibt Ulrika By in einem Kommentar in Dagens Nyheter.

2. Februar 2007

Exkurs: Gelber Schnee in Sibirien

Dass man in Russland auch unter Herrn Putin nicht sonderlich an Umweltschutz interessiert ist, mag keine große Überraschung sein.

In Tomsk fiel jetzt gelber Schnee, schreibt die Zeitung Expressen. Aus Omsk, knapp 500 km weiter westlich gelegen, wird berichtet, dass dort bereits am Mittwoch gelber und orangefarbener Schnee gefallen sei, der eine ölige Konsistenz gehabt habe.

Wie immer in solchen Fällen versichern die Behörden, dass zu keinem Zeitpunkt irgendeine Gefahr für die Bevölkerung bestanden habe.

Vermutet wird unter anderem, dass der Schnee verfärbt sei, nachdem eine Fabrik im benachbarten Kasachstan einen technischen Fehler gehabt habe.

In Omsk habe ich knapp 100 Tage meines Lebens verbracht. Die Millionenstadt liegt am Irtysch, einem Fluss, den kaum jemand in Westeuropa kennt, der aber doch ca. 4.400 km lang ist. Ebenfalls am Irtysch liegt in südlicher Richtung das kasachische Semipalatinsk. Hier sprengte die Sowjetarmee zunächst überirdisch, dann unterirdisch zahlreiche Atombomben.

Mit verheerenden Folgen für die Umwelt. Meine russischen Freunde berichteten, dass man zu Sowjetzeiten im Radio bekanntgab, dass in 2-3 Tagen "schlechtes Wasser" den Irtysch heraufkäme und man dann zwei Tage lang die Wasserleitungen nicht benutzen solle. Eine Studentin fragte mich, ob ich nicht die schwere Luft bemerken würde...

Jetzt kommt gelber Schnee.

Anders Borg: Flugzeug statt Taxi

Finanzminister Anders Borg (m) gerät in die Schlagzeilen. Die Gratiszeitung METRO fand heraus, dass sich der Minister, der in Katrineholm wohnt, bei Auslandsreisen mit der Regierungsmaschine in Skavsta abholen lässt, statt mit einem Taxi zum regulären Flughafen Bromma zu fahren.

Die Angewohnheit des Ministers hat den Steuerzahler bislang rund 80.000 Kronen (knapp 9.000 €) gekostet.

Finnland: Kirka gestorben

Der finnische Sänger Kirka ist tot. Er starb am 31.01. plötzlich an einem Herzinfarkt. Er wurde nur 56 Jahre alt.

Kirka Babitzin begann seine lange Karriere bereits 1962. In Finnland erschienen von ihm 27 Alben, mehrere davon erhielten Platin und Gold. Seine erfolgreichste Scheibe war "Surun pyyhit silmästäni", die sich 210.000 mal verkaufte.

Heute Abend sollte er im Helsinkier Nobelhotel Hotelli Presidentti auftreten. 1984 und 2000 war er in Finnland mit dem Preis für den männlichen Künstler des Jahres ausgezeichnet worden.

Seine Musik war variationsreich und umfasste alles von Schlager (er vertrat Finnland beim ESC 1984) bis Rock.

Dänemark: Streit um Mohamed-Karikaturen - Kritik an der EU

Die Interessenorganisation "Journalisten ohne Grenzen" hat sich in einer Erklärung sehr kritisch über das Agieren der EU im Fall der Mohamed-Karikaturen geäußert. Vergangenes Jahr hatte die dänische Zeitung Jyllandsposten Karikaturen des Propheten Mohamed veröffentlicht - anschließend war ein Sturm der Entrüstung losgebrochen und in vielen islamischen Ländern wurden dänische Flaggen verbrannt. Die verantwortlichen Journalisten und der Zeichner mussten untertauchen, weil sie eine Reihe von ernstzunehmenden Morddrohungen erhielten.

Auch der dänische Ministerpräsident Anders Fogh Rasmussen wird kritisiert: "Rasmussen, der die Meinungsfreiheit verteidigte, gab schließlich doch dem Druck nach und bedauerte die Veröffentlichung der Karikaturen," schreibt die Organisation in ihrem Jahresbericht.

Franzosen sauer auf Schwedenschiedsrichter

Ganz Deutschland ist im Freudentaumel ob des Einzugs ins Finale der Handball-WM. Ein Turnier, das in Schweden kaum von der Öffentlichkeit wahrgenommen wird. Das schwedische Team ist nicht dabei, also gibt es keine Übertragungen. Schade, ich würde die entscheidenden Spiele gern verfolgen.

Beim Halbfinal-Drama Deutschland - Frankreich gab es dann aber doch Berichterstattung. Der Schiedsrichter hieß nämlich Patrick Håkansson und kam aus dem Königreich. Und als Deutschland mit einem Tor führte pfiff er Freiwurf für Frankreich anstatt den Vorteil gelten zu lassen. Die Franzosen spielten weiter und machten den Ausgleich - aber Håkansson hatte abgepfiffen. Das Tor zählte nicht. Der Freiwurf wurde vergeben. Deutschland kam ins Finale.

Dass die Franzosen sauer auf den Schiri waren, kann man verstehen. Håkansson sagte dem schwedischen Fernsehen: "Unglücklich, dass ich gepfiffen habe und der Ball dann doch rein ging." (Der Link funktioniert nur heute.)
Liebe Schweden, zeigt doch am Sonntag wenigstens das Finale Deutschland - Polen.

Weltuntergang!

Nostradamus. Jehovas Zeugen. Weltuntergang.

Worum geht es? Depressionen am Wochenende? Leider wohl nicht. Der Bericht der UN nach der Konferenz der Klimaexperten in Paris ist sehr ernst. GRÜNEN-Chef Bütikofer sagt in einem Interview mit SPIEGEL-Online: "Wir haben keine zweite Chance."

Wenn der Meeresspiegel nur um einen Meter steigt, wird Sylt im Meer verschwinden. Die Niederlande sind akut bedroht und Teile von New Jersey gerieten ebenso unter Wasser wie Bangladesh.

Die Erwärmung führt dazu, dass in der sogenannten dritten Welt Dürre und Hungerkatastrophen dramatisch zunehmen, während es in Skandinavien kaum noch Schnee geben wird. Schlimmer noch, das Abschmelzen des Eises an den Polen führt zu schweren Konsequenzen.

Der Mensch ist dabei, die Lebensgrundlage für seine Nachkommen zu vernichten und den Planeten völlig aus dem Gleichgewicht zu bringen.

Ist noch was zu retten? Ja, sagen die Experten, wenn umgehend gehandelt wird. Aber gelingt es uns, den kurzfristigen Profitgedanken zurückzustellen hinter einen verantwortlichen Umgang mit dem Planeten.

Moderaterna zu dominant

Die Meinungsumfragen für die aus vier bürgerlichen Parteien bestehende schwedische Regierung sehen düster aus. Würde am Sonntag gewählt werden, bekämen die Linken eine klare absolute Mehrheit.

Die größte Partei in der Regierung ist die Moderate Sammlungspartei (m) von Ministerpräsident Reinfeldt.

Der große alte Mann der schwedischen Christdemokraten Alf Svensson findet, dass (m) eine zu starke Rolle spielt: "Reinfeldt stand auf dem Wagen und die anderen haben ihn angeschoben. Ich meine, dass die Moderaten dass bedenken sollten.

Der Vorsitzende der Christdemokraten in Västernorrland Kjell Svedman geht noch weiter: "Die Moderaten haben sich in keinster Weise dankbar über die Zusammenarbeit gezeigt. Das ist schlecht und schon an der Grenze zu unanständig," sagte Svedman.

Zustimmung erhält er von seinem Parteifreund Stig Töyrä aus Norrbotten: "Die Moderaten hatten die Chance, einen anderen Geist an den tag zu legen als die Sozialdemokraten. Als die regierten, wollten sie alles dominieren."

Und Svedman ergänzt: "Die Moderaten graben eine Grube, aus der sie 2010 nicht herauskommen werden."

Die nationalen Parteivorsitzenden zeigen öffentlich gute Laune und Einigkeit. Aber es beginnt, in den lokalen Parteibezirken zu rumoren, nicht zuletzt wegen der schlechten Meinungsumfragen.

Kann die Allianz vier Jahre überstehen?

Vom Winde verweht?

Heute beginnen in Åre die Alpinen Skiweltmeisterschaften 2007. Die Wettervorhersagen verheißen jedoch leider nichts Gutes.

Am Wochenende sollen Wingeschwindigkeiten zwischen 15 und 20 m/s vorkommen. Damit wäre eine Durchführung der angesetzten Super-Gs kaum möglich.

Åre ist abseits von Weltmeisterschaften nicht nur im Winter ein tolles Reiseziel. Auch im Sommer kann man in den Bergen Jämtlands sehr reizvolle Wandertouren unternehmen.

Im Winter wird das kleine Dorf, knapp 100 km westlich von Östersund gelegen, zum schwedischen Kitzbühel oder St. Moritz. Die Preise sind saftig und der Promifaktor ist hoch. Nach Stockholm soll es hier die höchsten Grundstückspreise des Königreichs geben.

1. Februar 2007

Die reichsten Schweden

Auf www.dinapengar.se gibt es eine Liste der reichsten Schweden. Hier die Top Ten:

1. Ingvar Kamprad, der IKEA-Gründer. Vermögen: 461 Milliarden Kronen (= 50,95 Milliarden €) und damit mehr als der Rest der Top 10 zusammen. Wohnsitz: Lausanne (CH).

2. Hans Rausing, Rausings Vater Ruben gründete die Firma TetraPak, deren Patent auf Einwegverpackungen die Welt eroberte. Inzwischen haben die Rausings TetraPak verkauft. Vermögen: 87 Milliarden Kronen (= 9,61 Milliarden €). Wohnsitz: Sussex (GB)

3. Stefan Persson, Besitzer von Hennes & Mauritz, kaum jemand, der nicht etwas von ihm im Kleiderschrank hätte. Vermögen: 68 Milliarden Kronen (= 7,51 Milliarden €). Wohnsitz: Djursholm (S).

4. Kirsten Rausing, siehe Platz 2 Tetra Pak... Vermögen: 44 Milliarden Kronen (= 4,86 Milliarden €). Wohnsitz: Sussex (GB)

5. Finn Rausing, siehe Platz 2 & 4. Vermögen: 44 Milliarden Kronen (= 4,86 Milliarden €). Wohnsitz: Stockholm (S).

6. Jörn Rausing, siehe Platz 2, 4 & 5. Vermögen: 44 Milliarden Kronen (= 4,86 Milliarden €). Wohnsitz: London (GB).

7. Antonia Axelsson Johnson, Besitzerin eines Familienunternehmens in fünfter Generation. Der Axel-Johnson-Gruppe gehört unter anderem die Warenhauskette Åhléns, die Kicks-Kosmetik Kette und die Reederei Nordstjernan. Vermögen: 20 Milliarden Kronen (= 2,21 Milliarden €). Wohnsitz: Upplands Väsby (S).

8. Fredrik Lundberg, Lundberg baut sein Industrieimperium stetig aus. Ihm gehören zahlreiche Unternehmen unter dem Dach der Lundbergs-Gruppe. Vermögen: 18 Milliarden Kronen (= 1,98 Milliarden €). Wohnsitz: Djursholm (S). Fredrik Lundberg wohnt auch im teuersten Privathaus Schwedens. Seine Villa mit 1080 Quadratmetern in Djursholm hat einen steuerlich festgesetzten Wert von knapp 16 Millionen Kronen.

9. Bertil Hult, Besitzer von EF. Hult gründete sein Unternehmen EF Sprachreisen in den 60er Jahren. Heute hat die Firma über 20.000 Angestellte. Vermögen: 15 Milliarden Kronen (= 1,65 Milliarden €), Wohnsitz: Lausanne (CH).

10. Lottie Tham, Schwester von Nummer 3. Vermögen: 14 Milliarden Kronen (= 1,54 Milliarden €). Wohnsitz: Djursholm (S).

Fazit: Familienunternehmen dominieren. Rausing sollte man heißen. Auf den weiteren Plätzen folgen zum Beispiel eine Reihe von Persson-Kindern (Hennes & Mauritz), alle Stenbeck-Erben (Kinder des verstorbenen Medienmoguls Jan Stenbeck). Und in Djursholm scheint es sich gut zu wohnen.

Legaler Schwarzmarkt? Markt?

Dinge gibts, die gibts nicht. Andere Länder, andere Sitten.

Man kennt solche Platitüden.

Vergangene Woche hatte ich mir ein Ticket für das Zusatzkonzert von Mando Diao bei Nalen in Stockholm reserviert. Und verpasste prompt die Frist, in der die Karte rechtzeitig abgeholt werden musste. Das war gestern. Heute schaue ich bei www.ticnet.se rein und stelle fest, dass auch das Zusatzkonzert ausverkauft ist. Wunderbar!

In Schweden gibt es aber im Unterschied zu Deutschland einen mehr oder minder legalen Schwarzmarkt, der natürlich weil offenkundig legal kein Schwarz, aber ein Markt ist.

Das reguläre Ticket für Mando Diao kostete 200 Kronen. Bei www.biljettnu.nu, einem Anbieter, der davon lebt, das Menschen Veranstaltungen besuchen möchten, für die sich viele interessieren, könnte ich nun für 395 Kronen ein Ticket buchen.

Ja, bin ich denn verrückt? Ärger. Das kann echt nicht wahr sein, dass man kommerziell Kartenkontingente aufkaufen darf, um sie dann für den doppelten Preis zu verhökern. Aber so ist es.

Was ich nicht ganz kapiere: Für Beyoncé Knowles gibt es noch massenhaft Karten für ihr Konzert im Globen am 3. Mai. Stehplätze kosten 425 Kronen. Bei www.biljettnu.nu bietet man dieselben Stehplätze für 795 Kronen an...

Und nein, für 395 Kronen gehe ich dann doch nicht zu Mando Diao.