24. Juli 2008

Der Sommer ist da


Vor einigen Tagen beklagte ich das Fehlen des Sommers. Er ist nun angekommen. Ende Juli und die Tagestemperaturen liegen bei ca. 25-28 Grad.

Für Charly ist die Hitze kaum erträglich. Die Wohnung ist wie immer im Sommer extrem aufgewärmt und es gibt nirgends eine kühle Ecke.

Draussen bewundern wir die immense Bautätigkeit in unserem Stadtviertel. Südlich des Stockholmer Zentrums werden gegenwärtig einige Hundert Wohnungen gebaut. Die meisten davon sind schon lange vor Fertigstellung entweder verkauft oder vermietet.

Mietwohnungen werden in der Regel über die kommunale Wohnungsschlange abgegeben. Hier wartet man etwa 10-23 Jahre auf eine Wohnung in einer halbwegs attraktiven Lage. Die neuen Wohnungen sind manchmal schneller zu bekommen, weil sich nur wenige leisten können, in ihnen zu wohnen.

Als "bostadsrätt", der schwedischen anderen Variante einer Eigentumswohnung gibt es Zweizimmerwohnungen für rund 190.000 € Einsatz und einer zuzüglichen monatlichen Gebühr von 360 €. Die Banken vergeben Kredite bei 10% Eigenkapital, manchmal auch ganz ohne, wenn das Einkommen gut ist.

Den Logdateien entnehme ich, dass man nach Johanna Sällström sucht, jeden Tag, in Deutschland. Ihr Schicksal lässt niemanden unberührt. Eine andere Gruppe googelnder und suchender Menschen kommt mit Stichwörtern wie "junge Schwedinnen", "Prostitution Schweden" und ähnlichen Rechercheversuchen in dieses Blog. Sicherlich aus vor allem wissenschaftlichem Interesse.

Tana French: In The Woods



Tana French gewann in diesem Jahr den "Edgar" für ihren Erstling "In The Woods" (deutscher Titel wie immer sehr einfallsreich "Grabesgrün").

Ein Debüt, das sich wirklich sehen lassen kann. Zuerst ahnte ich Parallelen zu dem Thriller des Amerikaners Harlan Cobens "The Woods". Hier wie dort geht es um Jugendliche und etwas Schreckliches, das in einem Wald geschah.

Da enden die Parallelen jedoch. Wo Coben auf geschickte Weise immer wieder die gleiche Geschichte erzählt, kommt uns French mit einem Ich-Erzähler, der gleich zu Beginn seine eigene Glaubwürdigkeit in Frage stellt.

Rob ist Polizeidetektiv in Dublin. Und vor knapp 20 Jahren war er der einzige von drei Teenagern, der von einem Ausflug in den Wald von Knocknaree zurückkehrte. Peter und Jamie blieben vom Erdboden verschluckt. Der kleine Adam (heute Rob) wurde im Schockzustand mit Blut in den Schuhen gefunden. Kann sich bis heute an nichts erinnern und wechselte den Namen und wurde Polizist.

Ein Polizist, der mit Cassie Maddox eine Partnerin hat, mit der er sich blind versteht. Rob schläft oft bei der Kollegin auf dem Sofa, aber es passiert nix. Sie trotzen Harrys Behauptung, dass (heterosexuelle) Männer und Frauen nicht befreundet sein könnten, weil irgendwann immer der Sex dazwischenkäme. Im Falle Harrys wissen wir, dass es zumindest mit Sally so kam.

Rob wohnt bei der neurotischen Heather zur Untermiete, eine Esotherikerin, die sich den Zentimeterstand ihrer Lebensmittel im Kühlschrank merkt und einen dann mit ihren Neurosen in Ruhe lässt, wenn man ihr signalisiert, dass man etwas Ansteckendes hat.

Auf einem Ausgrabungsplatz in der Nähe von Knocknaree wird die 12-Jährige Katy tot aufgefunden. Gibt es Parallelen zum Verschwinden von Peter und Jamie? Holt die Vergangenheit Rob jetzt doch ein? Nur Cassie weiss, dass er der Junge von damals ist.

Rob fühlt sich irgendwie von der 18-Jährigen Schwester der Toten, Rosalind, angezogen. Deren Vater Jonathan war bei einer Vergewaltigung im Sommer 1984 dabei, als Peter und Jamie verschwanden.

French hat mit ihrem Roman eine ganze Reihe von illustren Charakteren geschaffen und ihr gelingt es, die Frage ob Rob und Cassie sich vielleicht doch kriegen, streckenweise genauso spannend zu machen wie die Intrige.

Unbedingt lesen.

23. Juli 2008

Fussballpause

Die Damallsvenskan, Schwedens Eliteliga für Frauen, hat Pause. Einige bereiten sich allmählich auf Olympia vor. Andere spielen in diversen Jugendnationalmannschaften.

In letzter Zeit habe ich unter anderem Hammarbys Talent Nazanin Vaseghpanah, AIK:s australische Goalgetterin Lisa De Vanna und die schnelle finnische Hoffnung Linda Sällström porträtiert.

Die Deutsche

Sie geistert seit Monaten durch die schwedische Presse und firmiert nurmehr als "die Deutsche", wobei man sich als Deutscher die Frage stellt, ob man ähnlich "die Kurdin" oder "die Afrikanerin" schreiben würde. Deutsch und böse geht im Jahr 2008 für viele noch gut zusammen. Die anderen Konstruktionen wären politisch unkorrekt und politisch nicht korrekt sein,das kann man den Schweden nun wohl nicht vorwerfen. Schwamm drüber.

Einer deutschen Staatsbürgerin, Anfang 30, wird seit heute der Prozess gemacht. Sie wird angeklagt, Anfang des Jahres in Arboga, einem kleinen Nest in Värmland, vermutlich aus rasender Eifersucht eine schwedische Frau Anfang 20 und deren beiden kleinen Kinder, 1 und 3 Jahre alt mit einem Hammer attackiert zu haben.

Die beiden Kinder starben noch auf der Stelle. Die Mutter überlebte und wird jetzt als Zeugin aussagen.

Motiv: "Die Deutsche" hatte ein Verhältnis mit dem Freund der jungen Schwedin. der hatte sich jedoch dann von der älteren Frau getrennt und wohnte nun mit der Schwedin zusammen.

In diesem Fall gibt es keine eindeutigen Beweise wie etwa gegen Anders Eklund. Keine DNA, kein Geständnis der mutmasslichen Täterin. 56 Zeugen werden aufmarschieren. "Die Deutsche" ist gesehen worden, am Tag vor der Tag, am Tag nach der Tat und danach. Ihre Aussagen sind wirr und unzusammenhängend und können nicht ganz stimmen.

Aber es gibt keine Tatwaffe und die Schuhe, mit denen sich jemand im Blut der kleinen Kinder bewegt hat, wurden nicht im Besitz der Angeklagten gefunden. Es gibt aber ein Foto, auf dem die Angeklagte die Schuhmarke trägt.

In Arboga liegt ein langer Prozess in der Luft, der möglicherweise mit einem schalen, übel schmeckenden Freispruch endet, wenn es den Ermittlern nicht doch noch gelingt, die "Deutsche" eindeutig an die Tat zu binden. Das überlebende Opfer könnte hierbei eine entscheidende Rolle spielen, wenn ihre Erinnerung an die grausame Tat wieder zurückkehrt.

21. Juli 2008

Prozess

Der Prozess gegen den Kraftfahrer Anders Eklund findet aus Sicherheitsgründen vor dem Stockholmer Amtsgericht statt. Eklund wird beschuldigt, im Frühjahr 2008 die 10-Jährige Engla und vor einigen Jahren eine erwachsene Frau vergewaltigt und ermordet zu haben. Die Beweise sind erdrückend, in beiden Fällen gibt es DNA-Spuren.

Englund gestand heute vor Gericht beide Taten und entschuldigte sich bei den Familien der Opfer.

Bislang hatte der Kraftfahrer unberührt und reuelos in den Polizeiverhören gewirkt. Verteidiger des mutmasslichen Mörders ist Leif Silbersky, der immer dann zur Stelle ist, wenn aufsehenerregende Kriminalfälle die Schweden schockieren.

Silbersky will, dass der Tatbestand Vergewaltigung gestrichen wird, da Mord schwerer wiegt.

In den Jahren zwischen den beiden Morden konnte Eklund bislang keine weitere Tat nachgewiesen werden.

Die Einzelheiten der Taten sind bestialisch, grausam.

Sachverständige halten Eklund für gesund.

Der Staatsanwalt wird lebenslangen Freiheitsentzug fordern. Männer wie Eklund sind kaum therapiefähig. Man kann nur hoffen, dass sich die Gefängnistüren bald für immer hinter Anders Eklund schliessen.

Täter wie er geniessen im Strafvollzug besonderen Schutz, da sie unter den anderen Insassen nicht sonderlich beliebt sind. Mögen weitere potentielle Opfer vor ihm geschützt werden.

Tierpensionat

Meine Wohnung gleicht derzeit einem Tierpensionat. Ein Hund, ein Welpe (nicht stubenrein) und eine Katze (alle schwarz) wohnen bei mir. Das bringt viele interessante Spaziergänge in der näheren Umgebung mit sich, aber auch, das man das Haus kaum mehr als drei Stunden verlassen kann.

Besuch bei IKEA am Wochenende. Neue Gardinen in der Küche und eine neue Lampe im Wohnzimmer.

8. Juli 2008

Sommer?

Das Wetter in Stockholm ist mies. Jawohl. Es ist kühl, es ist bewölkt und die herrlichen Sommerzeiten lassen auf sich warten nach einigen vielversprechenden Tagen, die schon Vergangenheit sind.
In diesem Blog ist lange Funkstille, trotzdem lesen viele in alten Einträgen wie die Logdateien unbestechlich zeigen. Das freut mich. Auch wenn meine 2-3 Posts zu der tragisch verstorbenen Johanna Sällström mit Abstand immer wieder aufgerufen werden und ziemlich dominieren. Damit wird auch dieser Post googlebar mit ihr verknüpft.
Noch ein paar Tage, drei genauer, arbeiten und dann ist erstmal Schicht. Pause. Urlaub. Freie Zeit und hoffentlich Sommer.