25. Juni 2007

Immer mehr Abtreibungen bei Mädchen in Schweden

In den 70er Jahren hatten Filme wie „Sechs Schwedinnen in Oberbayern“ Hochkonjunktur. Sie waren Ausdruck einer völlig verklemmten deutschen (bayrischen) Sexualmoral und vermittelten Otto Normalverbraucher das Bild, dass die blonde 19-Jährige Schwedin sich nach nichts mehr sehnt, als von einem Lederhosen-Casanova in den Spätfünfzigern mal so richtig rangenommen zu werden.

Trotz des zugegeben recht flachen Inhalts und einer noch schlechteren Machart haben die Filme offenbar bei den Deutschen nachhaltigen Eindruck hinterlassen, denn in der sexuellen Revolution, die von solch illustren Gestalten wie Oswald Kolle und Beate Uhse maßgeblich vorangetrieben wurde, wollte man zum relativ ungehemmten Ausleben der Sexualität wie das in – ja Schweden vorgelebt wurde.

Pornos aus Schweden und Dänemark taten ein Übriges und bis in die Achtziger Jahre reisten ganze Heere von echten und eingebildeten Testosteron-Hengsten aus vor allem Italien zwischen 16 und 26 nach Schweden, um während des mehrwöchigen Interrail-Urlaubs möglichst viele Blondinen flachzulegen, die ja nichts Anderes im Sinn zu haben schienen, als möglichst oft, möglichst ungeschützt und von möglichst vielen begattet zu werden.

All diesen dumpfbackigen Männerwunschtraumklischees scheint nun eine Zahl recht zu geben, die erschreckend ist: Seit 1995 haben in Schweden Abtreibungen bei minderjährigen Mädchen um 50% zugenommen. Fast scheint es, als würde Abtreibung in Schweden, ähnlich wie im Russland der frühen 90er Jahre, als wirksamstes Verhütungsmittel eingesetzt werden. Dabei fehlte den Russen zu jener Zeit jenes vielfältige Angebot an Kondomen, die einem im Schwedenland eigentlich an jeder Kasse feilgeboten werden.

Woran liegt es nun, dass so viele Mädchen einen medizinischen Eingriff über sich ergehen lassen müssen, der nicht nur physisch Spuren hinterlässt, sondern vor allem die Psyche von heranwachsenden weiblichen Erwachsenen unnötig belastet?

Åsa Regnér, Generalsekretärin des schwedischen Reichsverbands für sexuelle Aufklärung (RFSU): „Obwohl Sexualkunde in der Schule in Schweden seit fünfzig Jahren obligatorisch ist, haben lediglich fünf Prozent eine Ausbildung hierfür.“.

Eine Rolle spielt sicher auch, dass wir Menschen dazu neigen, Unangenehmes zu verdrängen. In den 80er Jahren wurde AIDS zum großen Thema, zunächst scheints nur für Homosexuelle, dann aber auch für alle Heteros und an jeder Straßenecke verteilten wohltätige Organisationen und ums Volkswohl besorgte Behörden gratis Kondome in allen Neonfarben. Knapp zwei Jahrzehnte neigen wir dazu, zu glauben, dass zwar in Afrika ganze Staaten vor sich hinsiechen, HIV aber in Europa kaum noch ein Thema ist.

Gleiches mag für Verhütung gelten. Schwangere werden andere, aber nicht die Rosi. Junge Schwedinnen haben nach Angaben von Experten keine Ahnung, wie ihr Zyklus funktioniert.

Hinzu kommt ein stets wachsender Druck auf junge Menschen. Besonders heranwachsende Jungs erfahren Aufklärung vor allem durch Millionen von Internetseiten voller Pornographie. Für viele wird der Sexualkundeunterricht von der Schule ins WWW verlegt. Mädchen mögen demnach alle Analverkehr mit anschließender Gesichtsbesamung.

Der Druck in den Peer-Groups der Gleichaltrigen ist auch nicht zu unterschätzen. Man muss schlank und schön sein. Auf Internetportalen wie www.snyggast.se oder www.hot-or-not.de zeigen Mädchen (und Jungs) oft viel Haut und lassen sich bepunkten. Bei Snyggast „führt“ zur Zeit eine 15-Jährige die Top 20 an, die im hautengen, ärmellosen Top vor dem Rechner sitzt und mit Barbie-Bratz-Gesichtsausdruck zeigen will, dass sie sexy ist. Mindestens zwei der zahllosen Jungs, die Kommentare zu „stiligflicka“ abgegeben haben, wollen am liebsten noch heute via MSN und Webcam mit ihr in Kontakt kommen. Bilder werden abgespeichert und in etlichen Foren verbreitet – die sexualisierte Welt in Zeiten des Internet.

„Stiligflicka“ ist minderjährig und weiß eigentlich nicht, was sie tut, denn die Bilder, die sie ins Netz gestellt hat, sind prinzipiell nicht mehr wegzubekommen, auch wenn es in ihrem Fall noch recht harmlose sind.

Wichtig ist, dass die Schulen und Behörden ihrer Verantwortung gerecht werden, und eine zeitgemäße Aufklärung leisten. Dass die meisten Lehrer nicht in Sexualkunde ausgebildet sind, dass die meisten Lehrer nicht wissen, was Jugendliche in ihrer Freizeit machen und mit welchen Dingen sie in Berührung kommen, ist erschreckend und zeugt von einer Weltferne, die man in Altötting vermutet, aber nicht in Malmö oder Göteborg.

Und Eltern haben hierbei auch eine Rolle. Sie sollten sich damit beschäftigen, was ihre noch unmündigen Nachkommen denken und fühlen. Und was im Internet passiert, davon sollten sie auch einen groben Überblick haben. Denn Abtreibung ist unnötig und teuer – und vor allem schadet sie den Seelen der jungen Frauen, die damit klar kommen müssen. Mal abgesehen davon, dass man sich bei ungeschütztem Sex außer einer Schwangerschaft noch viel mehr einhandeln kann.

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