Sprachkonferenz in der Hochburg sozialdemokratischer Volksbildung in Schweden, dem ABF-Huset auf Sveavägen. Vor der Tür eine ältere Dame, warm angezogen an diesem kalten Samstagnachmittag, die auch mir einen Zettel "Nej till EU" in die Hand drückt. EU-Gegner sind nicht wenige in einem Land, das sich in der Volksabstimmung zum Beitritt Anfang der 90er Jahre aus rein ökonomischen Erwägungen für das "ja" entschieden hatte.
Das donnernde Nein zum Euro 2003 in einem weiteren Plebiszit gab ein deutliches Stimmungsbild ab, das sich beileibe nicht nur auf die Währungsfrage bezogen hat.
Heute nun schreiben EU-Kommissarin Margot Wallström (s) und Ministerpräsident Fredrik Reinfeldt gemeinsam einen europafreundlichen Artikel am Vorabend nicht nur der Einführung der Sommerzeit, sondern auch des 50-Jährigen Jubiläums der Römischen Verträge zur Gründung der Europäischen Wrtschaftsgemeinschaft.
"Wir schreiben diesen Artikel gemeinsam, weil wir beide an die europäische Zusammenarbeit glauben." Nicht mehr und nicht weniger. Als EU-Kommissarin hat Wallström ohnehin mehr der europäischen Sache verpflichtet zu sein als schnöder nationaler Parteipolitik. Für Reinfeldt bedeutet die Unterschrift Wallströms allerdings auch innenpolitisch etwas, seine bislang eher blasse Erscheinung wird durch die Gesellschaft der äusserst beliebten Sozialdemokratin aus Karlstad ein wenig aufgewertet.
Carl Bildt klatscht Beifall nach seiner eigenen Kubakrise (siehe dazu Thomas Kommentar). Im Kulturbloggen wird darauf hingewiesen, dass es einige grundlegende Gemeinsamkeiten in der Europafrage geben mag, aber in Detailfragen die Positionen zwischen (s) und (m) durchaus sehr unterschiedlich sein dürften. Recht hat er.
Der Post und die Diskussion dazu in Jinges Blog zeigt, dass die Meinungen in Schweden sehr geteilt sind.
Der "Kontinent" war schon immer weit weg. Besonders junge Frauen zeigen sich in Umfragen zur Einstellung eher negativ.
Die Tradition der vermeintlichen Allianzfreiheit Schwedens ist eine ganz andere als die Integrationsbemühungen deutscher Politiker, die es für wichtig erhielten, Deutschland nie mehr isoliert in Europa liegen zu lassen. Allerdings überschätzen die EU-Gegner in Schweden die Folgen eines Austritts. Die EU ist und bleibt ein Macht- und Wirtschaftsfaktor und ist es vielleicht noch mehr, wenn man aussen vor steht.
Der Artikel von Reinfeldt/Wallström ist gut gemeint und erklärt sich anhand des bevorstehenden Jahrestags. Er ist allerdings zu inhaltsleer, um wirklich Zweifler oder Gegner zu überzeugen. Notwendig wäre eine Kampagne der grossen Parteien, in der auch konkrete Informationen an die Bevölkerung gegeben werden.
24. März 2007
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