5. Februar 2007

Literatur - Susanna Alakoski: Svinalängorna

Die Debütantin Susanna Alakoski (*1962) erzählt in ihrem noch nicht ins Deutsche überzetzten Roman „Svinalängorna“ (etwa: „Die Schweinshäuser“) vom Aufwachsen der Ich-Erzählerin Leena und ihrer beiden Freundinnen Riitta und Åse. Es geht um das Ende der 60er und den Anfang der 70er Jahre und wie Henning Mankell, so hat auch Susanna Alakoski das südschwedische Ystad als Schauplatz ihres Romans ausgesucht. Im Falle der Autorin ist das autobiographisch, sie wurde in Vasa geboren und zog mit ihren Eltern nach Ystad in den neu gebauten Stadtteil Fridhem.

In den 60er Jahren wanderten einige Hunderttausend Finnen in Schweden ein. Es ist die Zeit, in der Schweden und seine sozialdemokratischen Regierungen ganz intensiv am Folkhem, dem Volksheim bauen. In Schweden, das vom Zweiten Weltkrieg verschont blieb, herrscht beinahe Vollbeschäftigung und um den Arbeitskräftemangel zu decken, werden Männer und Frauen aus dem östlichen Nachbarland geholt. Dort sieht es wirtschaftlich nicht so gut aus, Finnland muss hohe Reparationszahlungen an die Sowjetunion leisten.

Susanna Alakoski hat ein grossartiges Debüt vorgelegt. Es ist ein Stück schwedischer und auch finnischer Sozialgeschichte, es ist ein Arbeiterroman aus der Unterschicht der Gesellschaft. Alakoski soll selber in Fridhem gewohnt haben und hat erst als Erwachsene erfahren, dass man ihren Stadtteil abfällig „Svinalängorna“ nannte.

Die Ich-Erzählerin Leena wächst mit ihren Geschwistern Markku und Sakari und den Eltern in Ystad auf. Mit der Zeit trinken Leenas Eltern immer mehr, sie sind „periodare“, saufen in Perioden und dann gibt es wochenlang nichts im Kühlschrank und Leena muss sich um ihren kleinen Bruder kümmern und versucht, immer mehr Zeit bei ihrer Freundin Åse zu verbringen. Immer schlimmer werden die Alkoholperioden der Eltern, Vater Kimmo misshandelt seine Frau, bricht ihr mehrere Rippen. Mehrfach werden die Kinder vom Sozialamt in Gastfamilien platziert.

Alakoski schildert das alles sehr sinnlich aus der Kindesperspektive, das Kind, das sich nach Ruhe sehnt und sich für seine Eltern schämt. Das Buch wird verfilmt werden, war kürzlich zu lesen und es gewann Ende 2006 den renommierten August-Preis für den besten Roman des Jahres. In Schweden leben rund 450 000 Schwedenfinnen. Bislang gibt es sehr wenig Literatur aus ihren Reihen. Man kann nur hoffen, dass Susanna Alakoskis glänzender Roman von vielen „Sverigefinnar“ gelesen wird und zum Schreiben motiviert.

Das Buch „Svinalängorna“ ist ein Stück Arbeiterliteratur und knüpft damit auch an eine alte Tradition in der schwedischen Literatur an. Für diese Art Literatur schien es eigentlich keine Nachfrage mehr zu geben. Dass Alakoskis Buch jetzt schon in zwölfter Auflage gedruckt wird, scheint die Feuilletonisten jedoch eines Besseren zu belehren.

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