12. April 2007

Der Fall "Louise" - Wenn die Gesellschaft versagt

Gestern las ich erstmals vom Fall der 15-Jährigen, die "Louise" in den Medien genannt wird und die fünf Jahre lang aufgrund des grenzenlosen Versagens der Behörden durch ihren Vater einem furchtbaren Martyrium ausgesetzt war: Leben in unhygienischen, asozialen Verhältnissen, hundertfacher sexueller Missbrauch durch den Vater, einer Person, deren mangelnde Eignung als Erziehungsberechtigter den Behörden bekannt gewesen ist.

Das Team um den Journalisten Janne Josefsson von "Uppdrag granskning" (Auftrag Nachforschung) hatte den Fall am letzten Dienstag in seiner Sendung schwedenweit bekannt gemacht. Obwohl die Reporter immer wieder heisse Eisen anfassen und kontroverse Themen ins Licht der Öffentlichkeit rücken, hat selten ein Beitrag so heftige emotionale Reaktionen der Zuschauer ausgelöst wie der über Louise.

Die Verantwortlichen in der Gemeinde Vetlanda in der Nähe von Göteborg sahen sich einem solchen Druck ausgesetzt, dass gestern um 13.00 Uhr eine Pressekonferenz gehalten wurden. Der Chef der Sozialfürsorge in Vetlanda, Ola Götesson, entschuldigte sich dabei öffentlich bei dem Mädchen. Die Kritik der Verwaltung des Provinziallandtags, die für schwedische Verhältnisse mit ungewöhnlich scharfen Worten die mangelnde Fürsorge der Gemeinde kritisiert hatte, bezeichnete Götesson dabei als völlig berechtigt.

Im Sommer 2006 floh Louise von ihrem Vater und erzählte von den Übergriffen. Der Vater wurde festgenommen und inzwischen in eine rechtspsychiatrische Klinik eingewiesen.

"Uppdrag granskning" hatte unter anderem nachgewiesen, dass die Gemeinde zahlreiche Informationen über den Vater hatte, die ihn als völlig ungeignet für die Sorge um seine Tochter dargestellt hätten, da sie sich jedoch in einer anderen Abteilung befunden hatten, waren sie nie den Entscheidern bekannt geworden.

Inzwischen ist der Abteilungsleiter der Familiensektion der Gemeinde Vetlanda, Boo Hedbrant, von seinem Amt mit sofortiger Wirkung zurückgetreten. Sein Chef Ola Götesson sieht zum Rücktritt (noch?) keinen Anlass.

Eine Reihe von Fernsehzuschauern hat bei der Polizei Anzeige gegen die Verantwortlichen erstattet. Nach der TV-Sendung waren einige Tausend im Chat von "Uppdrag granskning" und das Forum quillt über.

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