Viele deutsche Touristen fahren nach Schweden der Idylle wegen. Sie suchen nach Bullerbü, Saltkråkan, verträumten Seen, dichten Wäldern, der Mitternachtssonne und unbedingt muss man einen Elch gesehen haben, bevor man nach Bitterfeld und Castrop-Rauxel zurückkehrt.
Und daheim geht es einmal im Monat zu IKEA, um richtig schwedische Köttbullar zu essen, mit Sahnesosse und Preiselbeeren und den Kindern oder Enkeln kauft man eine Packung Polkagrisar.
Schweden ist aber schon seit langem ein Einwanderungsland. Und leichter als Bullerbü zu finden sind die Vororte der drei grossen Städte, in denen der Migrantenanteil weit¨über 70% liegt. Soziale Brennpunkte werden diese Trabantenstädte oft genannt, in letzter Zeit wird der Vorort aber auch in populären Kinofilmen romantisiert.
In Stockholm gibt es Husby, Rinkeby, Tensta, Flemingsberg, Skärholmen. In Göteborg Angered und nicht zuletzt Hisingen, einem Stadtteil in dem in einer 1998 Diskothek 63 Jugendliche bei neinem der schlimmsten Brände der Nachkriegsgeschichte starben.
Kein Stadtteil gilt aber so problembeladen wie Rosengård in Malmö. Heimat des inzwischen bei Inter Mailand kickenden Fussballsuperstars Zlatan Ibrahimovic, Zlatan, der res geschafft hat, hier rauszukommen und reich zu werden.
Jetzt macht Rosengård täglich Schlagzeilen, die Angst verbreitet sich unter der Lokalbevölkerung und den Politikern, dass die Unruhen aus den französischen Vororten mit brennenden Autos und gewalttätigen Krawallen auch Schweden erreichen könnten.
Am Wochenende wurden nachts mehrere Müllhäuschen angezündet. Die anrückenden Feuerwehrleute wurden von Jugendlichen mit Steinen und Eiern beworfen. Auch gestern brannte es wieder an mehreren Stellen und erneut wurde die Feuerwehr attackiert.
Unterschiedlich die Versionen, wie das Ganze angefangen hat. Da geht es einmal angeblich um fussballspielende Jugendliche, die vertrieben werden sollten und daraufhin Steine warfen. Die Polizei sagt, sie wäre zu einem Einsatz gerufen worden, weil ein Mann mit einem Schwert Kinder verfolge - als sie gekommen waren, wäre jedoch niemand zu sehen gewesen, dafür wurden sie aber mit Steinen attackiert.
Die 14-16-Jährigen Schüler der Rosengård-Schule behaupten, die Polizei hätte alles angefangen, weil ein Polizist seine Waffe gegen Kinder gezogen hätte. Leider gibt es inzischen mehrere Zeugenaussagen von unterschiedlichen Personen, die die Geschichte mit der Pistole bestätigen.
Viele sind sauer, das jetzt so viel über Rosengård geschrieben wird. "Sobald was passiert, kommen die Journalisten. Aber niemand kommt hierhin, um über die heruntergekommenen Häuser, die mit Graffiti bespritzten Treppenhäuser, über die Grünflächen, um die sich niemand kümmert und über die kaputten Spielplätze zu schreiben," sagt ein alter Mann.
Jetzt sind Presse und Rundfunk in Rosengård. Wenn es ruhiger wird, dann gehen sie wieder. Und dann sind die Einwohner wieder unter sich. Und Touristen finden den Weg nicht hierher. Bullerbü ist weit.
Rabulist zieht Paralleln: "Wenn ich in den Zeitungen lese, wer die Gewinner und wer die Verlierer des Haushalts sind, dann wohnen die Verlierer in Rosengård. Sie haben nichts weder von der Abschaffung der Vermögenssteuer noch von der Abschaffung der Gebäudesteuer. Jetzt sollen die Menschen in Rosengård auf den Arbeitsmarkt getrieben werden, ein Arbeitsmarkt, auf dem es bislang keinen Platz für sie gab."
17. April 2007
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