8. April 2007

Das Rätsel um den Tod von Johanna Sällström

Vor ein paar Wochen wurde die junge Schauspielerin Johanna Sällström tot in ihrer Wohnung in Malmö aufgefunden.

Den Logdateien meines Blogs entnehme ich, dass immer wieder über google.de nach Informationen über Johanna gesucht wird und so Besucher in mein Blog kommen, wo ich die Nachricht sehr früh gebracht hatte. Johanna Sällström hatte in Deutschland offenbar viele Fans, nicht zuletzt wegen ihrer Rolle in den populären Wallander-Filmen an der Seit von Krister Henriksson.

Ich habe mich nun einmal nach Informationen im schwedischsprachigen Internet umgeschaut.

Johanna und ihre kleine Tochter erlebten im Dezember 2004 die Tsunami-Katastrophe in Thailand. Es heisst, dass dies ihr Leben verändert hat. Sie wurde schwermütiger und war oft in tiefen Gedanken versunken. Stürzte sich in die Arbeit und machte in einem Jahr 13 Filme.

Über die Todesursache stand nichts in den Zeitungen. Selbst die sonst so effekthaschende und auf schnellen Verkauf angewiesenen Abendzeitungen Expressen und Aftonbladet hatten sich Schweigen verordnet, wohl auch mit Rücksicht auf Johannas kleine Tochter.

Dagens Nyheter schrieb: "Sie wurde tot in ihrer Wohnung in Malmö aufgefunden. Nach Angaben der Polizei in Malmö gibt es keinen Anlass, ein Verbrechen zu vermuten."

Svenska Dagbladet: "Die Todesursache ist noch nicht bekannt, aber es gibt keinen Verdacht auf ein Verbrechen."

Im Blog Åsiktstorpeden steht folgender Kommentar: "Wird Johannas Tochter ihre Mamma weniger vermissen, nur weil wir es beschämend finden, über psychische Krankheiten zu reden? Johanna Sällströms Selbstmord handelt von einem einzigen Versagen. Dem Versagen der schwedischen Psychiatrie, denn soweit ich weiss hat Johanna Hilfe wegen starker Depressionen gesucht. Das Schweigen der Medien trägt somit nicht nur zum Tabu bei und damit zur Schande für die Angehörigen, das Schweigen führt auch dazu, dass es über das Versagen der Psychiatrie keine Diskussion gibt." Der Blogger weist darauf hin, dass es 2002 in Schweden 540 Verkehrstote gab, aber 1485 Selbstmorde. Die Forschung zur Verkehrsicherheit bekomme 70 Millionen Kronen pro Jahr, die Forschung zur Verhinderung von Selbstmorden dagegen nur 2 Millionen.

Natürlich hätte sie gerettet werden können. Es ist oft der mangelnde Einsatz der Psychiatrie, vor allem darin begründet, dass die finanziellen und personellen Ressourcen drastisch reduziert worden sind in den vergangenen 15 Jahren. Das führt zu furchtbaren Gewalttaten wie etwa dem Mord an Anna Lindh oder dem Mord an dem kleinen Filipp vor wenigen Monaten. Es führt aber auch zu Selbstmorden wie dem von Johanna Sällström, ungleich weniger spektakulär. Es nützt wirklich nichts, das zu verschweigen. Menschen wie Johanna, die in tiefer Depression gelandet sind, was jedem passiern kann, muss geholfen werden. Wenn man erkennt, dass sie suizidal sind, muss man sie vor sich selber schützen. Jeder Tod dieser Art ist ein Versagen der Gesellschaft. Ein kleines Mädchen muss jetzt ohne seien Mutter aufwachsen. Vem bryr sig? Wer macht sich Gedanken darüber? Wer handelt?

Ein weiterer Grund für das Schweigen der Medien ist sicherlich auch, dass viele psychisch Kranke, suizidgefährdete Menschen sich Johanna Sällström zum Vorbild nehmen könnten.

ÄNDERUNG (06.05.2007):

Ich nehme hier das Youtube-Video zu Johanna raus und lege das Musikvideo von The Fray: "How To Save A Life" rein, dessen Text sehr gut passt, jedes Mal, wenn ich das Lied höre, denke ich an Johanna Sällström.

5 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Rainer! Über die Ostertage (gestern, heute und morgen) werden in Deutschland drei bisher noch nicht gezeigte Wallander-Folgen mit ihr gezeigt. Als wir gestern die erste dieser Folgen sahen, sprachen wir darüber, ob man wohl inzwischen genaueres darüber weiß, wie sie zu Tode gekommen ist. Und heute lese ich nun Deinen Eintrag dazu. Ich hatte schon so etwas in der Art vermutet. Es ist traurig, daß wir in unseren ach so aufgeklärten Gesellschaften was diese Thematik angeht immer noch so wenig vorangekommen sind. Und der steigende Leistungsdruck, der Schwächen aller Art eher verbietet erhöht die Neigung Themen wie psychische Erkrankungen oder Selbstmord weiter wie Tabus zu behandeln. Selbst wenn die sog. Aufklärung zu diesen Themen in den Medien vielleicht inzwischen etwas besser geworden ist - untereinander ist es leider immer noch ein großes Tabu über das man nur spricht, wenn es unbedingt sein muß. Wer (dauerhaft) psychisch erkrankt, fällt häufig aus der Gesellschaft, gerät noch mehr in Isolation und das ist auch nicht gerade förderlich. Ein so wichtiges und immer noch viel zu wenig beachtetes Thema.

Dir und denen, die Dir nahestehen wünsche ich auf diesem Wege aber natürlich auch noch frohe Ostern!

Anonym hat gesagt…

Wurde es denn inzwischen offiziell bestätigt, dass es Selbstmord war? Ich war ebenfalls sehr schockiert, als ich von ihrem Tod erfahren habe, allerdings konnte ich nirgends eine Bestätigung finden, dass es sich tatsächlich um einen Suizid handelt. Ich habe sogar des öfteren gelesen, dass sie in der letzten Zeit ihres Lebens wieder Hoffnung und Lebenslust geschöpft habe.

Alles im allen bleibt ihr Tod ein sehr sehr trauriges Ereignis, ich fand, dass sie eine wirklich tolle Schauspielerin war.

webma hat gesagt…

Ich finde es sehr gewagt die Ursache des psychiatrischen Versagens mit der mangelnden Finanzierung zu begründen.
Für mich hat die Psychiatrie an sich versagt nicht die Finanzierung. Bis heute wurde kein einziger Mensch durch die Psychiatrie geheilt ob mit oder ohne Finanzierung.
Dass so viele Menschen zuerst psychiatrisch behandelt wurden und danach Verbrechen begingen, darin sehe ich das Versagen der Pychiatrie.
Mittlerweile ist die Psychiatrie als solches in Schweden per Gerichtsbeschluss nichts anderes als ein Betrug!

das Mädchen aus dem Norden hat gesagt…

Johanna , ich vermisse Dich so
Teresa

Unknown hat gesagt…

So traurig