Zweimal im Jahr spaziert der Finanzminister mit dem in blaugelber Schleife eingebundenen Haushaltsentwurf von seinem Ministerium zum schwedischen Reichstag, um den Parlamentariern vorzustellen, wo und wie die Regierung ökonomische Veränderungen durchführen wird.
Gestern stellte der aktuelle Amtsinhaber Anders Borg (m) das Budget der neuen Moderaten und ihrer Allianz vor.
Abschaffung der Vermögenssteuer, Abschaffung der Steuer auf Haus- und Grundbesitz und Einführung einer Pauschalsumme, weitere Verschärfung der Restriktionen gegen Arbeitslose. Gleichzeitig kündigte der Minister an, die Zinsen würden bis Ende 2008 auf 5,75% steigen, was besonders hart für Familien mit Kleinkindern ist, die sich in den letzten Jahren Häuser gekauft haben und Kredite abzahlen.
Fazit auch der bürgerlichen Presse:
Die klassischen Profiteure des Haushalts sind Hausbesitzer in Schwedens teuerster Gemeinde Danderyd mit hohen Einkommen. Sie haben ab Januar 2008 bedeutend mehr Geld in der Brieftasche, ca. 3.200 Kronen netto pro Monat.
Verlierer des Budgets: Arbeitslose, Alleinerziehende, Studenten, Rentner.
Borg verteidigte den Entwurf damit, dass durch die Steuererleichterungen für Besserverdienende Arbeitsplatze geschaffen würden.
Dabei ist die von ihm und seinem Chef Reinfeldt und den Bundsgenossen Leijonborg (fp), Hägglund (kd) und Olofsson (c) katastrophal für das Land.
Die Abschaffung der Haus- und Grundstückssteuer entlastet zwar sehr viele Familien, die sich das Eigenheim so gerade leisten konnten. Dass man stattdessen eine Einheitsgebühr von höchstens 4.500 Kronen festsetzt, führt jedoch zu massiver Ungerechtigkeit. Egal ob das eigene Haus in Västerbottens Inland steht und ca. 450.000 Kronen wert ist oder aber auf Lidingö, wo man für dasselbe Haus 5 Millionen verlangen kann, es wird über einen Kamm geschoren.
Die Preise für Häuser in attraktiven Gebieten wie Stockholm und Göteborg auf einem ohnehin schon völlig überhitzten Wohnungs- und Häusermarkt werden weiterhin steigen.
Die eher wertlosen Eigenheime in den dünner besiedelten Gebieten werden weiter im Wert sinken. Regionalpolitisch ein schlimmer Fehlgriff. Dass ausgerechnet die Nordscwhedin Maud Olofsson mit ihrer ländlichen Zentrumspartei eine Politik begünstigt, die die Kluft zwischen Stadt und Land weiter wachsen lässt, ist erstaunlich.
Die avisierten Zinserhöhungen bedeuten für Familien des Mittelstands eine Erhöhung der Kosten für einen Kredit von 1 Million um knapp tausend Kronen im Monat. Das Wohnen im eigenen Heim wird für viele dann nicht mehr zu schaffen sein. Und wenn sie verkaufen müssen, dann werden sie für den Gewinn statt bislang 20 sogar 30% Gewinnsteuer zahlen müssen.
Wer reich ist, wird noch viel reicher werden, auf die Arbeitslosen, die Armen und sozial Schwachen wird Druck gemacht und auch Teile des Mittelstands werden in Bedrängnis geraten.
Borgs gestrige Äusserung, dies sei ein guter Tag für Schweden zeigt entweder sein politisches Unvermögen oder eine beängstigende Form von höhnischem Zynismus.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
1 Kommentar:
Nichts hinzuzufügen und keiner sagt was dagegen. Wie immer...
Herzliche Grüsse aus dem regnerischen Lund Anneka
www.mischpoke.wordpress.com
Kommentar veröffentlichen