Härtere Strafen für Zuhälter und Freier fordert Ewa Carlefors von der Traffickingkommission der Stockholmer Polizei. Selbst Freier, die zum dritten Mal verurteilt werden, kommen immer noch mit Bussgeldern davon, obwohl das Gesetz auch die Möglichkeit von Haftstrafen bietet,
Hierzu muss bemerkt werden, dass es in Schweden nicht verboten ist, sich zu prostituieren, es ist hingegen verboten, sexuelle Dienste zu kaufen. Nach wie vor ein weltweit einzigartiges Gesetz, das nicht das Angebot sondern die Nachfrage unter Strafe stellt.
Die Denkweise des Gesetzgebers basiert auf der Annahme, dass Prostitution grundsätzlich Ausbeutung und Erniedrigung von Frauen impliziert. Als Deutschland vergangenes Jahr die Fussball-WM ausrichtete, gab es Stimmen schwedischer Organisationen, die schwedische Nationalmannschaft solle die WM boykottieren, da Deutschland dem Menschenhandel mit Frauen als Zwangsprostituierte zuwenig entgegensetze.
Das Gesetz hat jedoch keinesfalls zu einer Befreiung von Frauen aus unakzeptablen Verhältnissen geführt. Im Gegenteil hat sich dieser "Wirtschaftszweig", der von seinen Sympathisanten gern "das älteste Gewerbe der Welt" genannt wird, mehr in Zonen verlagert, die für die Ermittlungsbehörden nur schwer zu kontrollieren sind. So bieten sich Prostituierte au diversen Internetseiten an und statt in kontrollierbaren öffentlichen Häusern (Bordelle, Clubs, was weiss ich) sind es nun Wohnungen in der Nachbarschaft gewöhnlicher Svenssons, in denen Frauen sich verkaufen oder noch eher verkauft werden.
Die Möglichkeit der Ermittlungsbehörden, die oft über die baltischen Länder eingeschmuggelten Frauen zu schützen, sind relativ gering. Sprengt man in einem Monat nach monatelangen Observationen ein illegales Bordell mit estnischen Prostituierten, ist an anderer Stelle schon längst eine Wohnung mit rumänischen Frauen in den Betrieb genommen worden. Nicht immer sind die Frauen freiwillig hier und noch immer gibt es Zwangsprostitution mit jungen Mädchen und Frauen, die in ihren Heimatländern angelockt werden, um im Ausland in einem Restaurant oder einem Hotl zu arbeiten. Allerdings haben beispielsweise die Innenminister von Estland, Lettland und Litauen diesem vorherrschenden Mythos eine Absage erteilt. Aufgrund intensiver Ermittlungen behaupten die Minister, dass die meisten der vorwiegend russischstämmigen Frauen aus den baltischen Ländern genau wüssten, worauf sie sich einlassen.
Dennoch ist die Arbeit als Prostituierte sicher nicht der in einem Kindergarten vergleichbar. Die Situation von Frauen in einem fremden Land ohne Arbeitserlaubnis, oft ohne Schwedisch- und nur mit sehr geringen Englischkenntnissen in einem kriminellen Milieu, in dem man letztlich völlig von den Zuhältern abhängig ist, darf nicht romantisiert werden.
Ewa Carlefors kommt in dem Artikel in Dagens Nyheter zu einer erschreckenden Schlussbemerkung, da nach ihrer Ansicht Frauen lieber in Schweden als in Südeuropa "arbeiten" würden: "Die Frauen sagen, dass die Kunden hier für das bezahlen, was sie haben wollen. Das ist kein Gerede. Sie sind nicht gewalttätig, sie sind sauber und schnell in dem, was sie tun. Haben sie für eine Stunde bezahlt, sind sie nach einer Viertelstunde fertig."
Man mag es nicht glauben. Das können osteuropäische Zuhälter und Menschenhändler auf Werbeposter für künftige Prostituierte drucken. Eine Hymne an den schwedischen Freier. Er ist nicht pervers, sondern sauber und rein, entleert sich schneller als geplant und wahrscheinlich noch richtig nett. Ob schwedische Männer generell immer so schnell fertig sind? Als Überschrift über den Artikel hätte man den Gepflogenheiten schwedischer Medien enstprechend auch schreiben können: "Svenska sexköpare bäst i Europa" - Schwedische Sexkäufer die besten in Europa.
7. Juli 2007
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3 Kommentare:
In diesem Zusammenhang kann ich auch den Film "Lilja 4-ever" empfehlen (http://www.imdb.com/title/tt0300140/plotsummary).
Ein paar Kleinigkeiten würde ich gerne anmerken:
Zum ersten ist es nicht unüblich, dass viele Prostituierte sagen, dass sie den Job toll finden, weil man schnell viel Geld verdienen kann. Manche von ihnen mögen das wirklich so sehen, aber für viele ist es eben auch eine Lebenslüge, die die eigene Situation erträglicher macht. Huren, die Freier loben, sind also nichts neues und sicher auch nichts, was bevorzugt in Schweden vorkäme.
Zum zweiten sei auch bemerkt, dass meiner Meinung nach auch zumindest Werbung für sexuelle Dienstleistungen bestraft werden sollte. Solange Zuhälter und Huren ihre Dienste straflos und praktisch risikolos anbieten können, wird der Markt auch unnötig vergößert, denn eine Telefonnummer, die keiner kennt, wird auch nicht angerufen. Zwar gibt es keine fragwürdigen Zeitungsanzeigen, keine roten Lichter und keinen Straßenstrich, aber es ist schon grotesk, dass in Stockholm zahlreiche Ampelmasten mit Werbung für "Massage" oder "Erotisk Massage" zugekleistert sind. Offenbar ist die Straßenwartung nicht einmal dazu angehalten worden, das wieder zu entfernen.
Zum dritten würde ich die Situation nicht so schwarz sehen. Wenn man Prostitution verbietet, ist es nicht anders zu erwarten, dass die Szene in den Untergrund abtaucht. Dennoch muss konstatiert werden, dass es in Schweden keine Riesenbordelle mit hunderten von Frauen gibt. Die Schwelle, zu einer Prostituierten zu gehen, ist höher als anderswo, und die Verfügbarkeit ist dank der etwas versteckteren Werbung und dem Nichtvorhandensein von Rotlichtbezirken erheblich gemindert. Ich möchte außerdem vermuten, dass die Notwendigkeit, "konspirative" Wohnungen als Bordelle zu nutzen, die Prostitution in ländlichen Gebieten stark reduziert haben dürfte.
Dass letztendlich die schlimmste Form der Prostitution, nämlich die Zwangsprostitution, die vorherrschende ist, ist zwar betrüblich, aber das ändert nichts daran, dass der Umfang dieses Marktes in Schweden erheblich kleiner sein dürfte als fast überall sonst in Europa - und das wiederum ist erfreulich.
Sicher ist Prostitution hierzulande nicht so ein Thema wie in Deutschland oder anderswo. Ich war kürzlich in London, wo die traditionellen roten Telefonzellen innen von oben bis unten zugekleistert sind mit Telefonsexnummern und alles bedienen von "18 und unschuldig" bis "Geile 70-Jährige".
Schweden ist tatsächlich ein Nebenschauplatz des internatonalen Menschenhandels, aber nichts desto trotz ein Schauplatz. An dem Artikel in DN störte mich vor allem die Aussage, dass schwedische Freier quasi grundsätzlich sauberer, schneller und netter seien als anderswo.
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