Gemeindeminister Mats Odell hatte eine Debatte eröffnet und behauptete trotzig, man müsse in Schweden bald dazu kommen, das überall marktbasierte Mieten eingeführt würden. Wenn man das nicht freiwillig mache, dann würde eines Tages ¨Brüssel kommen und Schweden dazu zwingen.
Hintergrund: Noch immer gibt es viele Mietwohnungn z.B. in Stockholm, in denen sich Bezieher normaler Einkommen das Wohnen leisten können. Gestützt wird dies durch sogenannte "Wohnungsschlangen", die von den Gemeinden oder Tochterfirmen der Gemeinden überwacht werden.
Den Konservativen ist dies seit langem ein Dorn im Auge. Wenn es nach ihnen ginge, würden die Preise gnadenlos dem Markt angepasst und in den Innenstädten könnte sich nur noch die Wählerklientel der moderaten Partei niederlassen.
Nun hat die EU-Kommission gegenüber Dagens Nyheter deutlich gemacht, dass von ihr aus keine Bedenken darin bestehen, dass es bei Wohnungen nicht nach reinen Marktgesetzen zugehe. Joaquin Fernandez Martin ist Leiter der EU-Abteilung, die sich mit der Frage beschäftigt: "Gemeinnützige Dienstleistungen fallen nicht unter die Konkurrenzregeln der EU. Hier dürfen Staat und Gemeinden Unterstützung leisten," sagte Martin. Eine eindeutige Antwort auf die wohl absichtlich lancierten Thesen der schwedischen Regierung. Mit einer Einführung von Marktpreisen hätte man gerne Brüssel die Schuld in die Schuhe geschoben und so zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.
Heute wurde auch eine Umfrage des Meinungsuforschungsinstituts TEMO bekannt. Hiernach werden die regierenden Moderaten von 78% der Befragten als eine Partei angesehen, die sich vor allem um die Belange der Besserverdienenden (s.o.) kümmert.
Diese Zahl ist mit neun Prozent innerhalb eines Jahres gestiegen und eine klare Antwort auf die Regierungspolitik. 57% der Interviewten verbinden die oppositionellen Sozialdemokraten mit "Sicherheit". Die Stimmung im Land hat sich in weniger als einem Jahr gewandelt und immer mehr erscheint die Wahlniederlage der Sozialdemokraten 2006 als eine Wahl für einen Wechsel in der Partei.
Heute Abend spricht im gotländischen Almedalen der Vorsitzende der Linkspartei Lars Ohly.
13. Juli 2007
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1 Kommentar:
Zwar ist es natürlich kein feiner Zug, falsche Tatsachen vorzugeben.
Dennoch bin ich in einem wesentlichen Punkt nicht deiner Meinung. Blauer als im Moment kann Stockholm kaum noch werden - die Reichen wohnen schon im Zentrum, und sowohl Miet- und Eigentumswohnungen sind praktisch unerreichbar für einen Normalverbraucher.
Ich bin mittlerweile zu einem ziemlichen Gegner der sozialdemokratischen Wohnungspolitik geworden. Da man den Markt extrem reguliert hat, werden dessen Kräfte auf anderem Wege frei.
Die Warteschlange ist voller Leute, die eigentlich gar keine Wohnung suchen und stattdessen nur genügend Wartezeit anhäufen wollen, um dann bei der Traumwohnung alle ausstechen zu können, die wirklich gerade eine Wohnung brauchen. Die Warteschlange erzeugt einen "Trabi-Effekt" - jeder steht in ihr, weil es so lange dauert, und weil es so lange dauert, steht jeder in ihr. Die Verfügbarkeit von Wohnungen ist also stark eingeschränkt.
Stattdessen sucht sich der Markt eigene Wege. Wohnungskredite sind so gut verfügbar und anscheinend auch so niedrig verzinst, dass viele Leute einfach statt einer Mietwohnung eine Eigentumswohnung kaufen - die "Miete" zahlt man dann eben in Form der Zinsen an die Bank. Das Ganze führt zu einem groß dimensionierten Eigentumsmarkt mit stetig steigenden Preisen - die Schlacht, die bei den Mieten nicht ausgetragen werden können, laufen also hier ab.
Hinzu kommt ein florierender Schwarzmarkt mit Untervermietungen, weil niemand seinen Mietvertrag jemals wieder auflösen will, wenn er mal einen ergattert hat.
Das Argument, die Bostadskö sei gerechter, möchte ich auch nicht wirklich gelten lassen. Die vermeintliche Gleichheit hat trotzdem dafür gesorgt, dass in einigen Stockholmer Stadtteilen wie Rinkeby der Einwandereranteil knapp 90% beträgt.
Einen komplett freien Markt will ich zwar auch nicht gleich vorschlagen, aber ein anders regulierter Mietmarkt wäre wünschenswert. Der Anreiz für Privatleute, ihnen zur Verfügung stehender Wohnraum legal und öffentlich vermieten zu können, muss in jedem Fall geschaffen werden.
Bislang gibt es Zeitungen mit Wohnungs- und Hausangeboten - wäre schön, wenn diese Zeitungen dann auch eine Rubrik "Vermietungen" einführen könnten.
Bisher ist es ein Albtraum, in Stockholm eine Wohnung zu finden - und einfach bei dem System zu bleiben, das das Problem nicht lösen konnte, wird nichts helfen.
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