4. Januar 2007

Alltag 1: Chaos in der Tunnelbana

Seit ich in Schweden lebe, habe ich in der Stockholmer U-Bahn, sinnigerweise "tunnelbana" in der Landessprache genannt, schon ein paar Tausend Kilometer zurückgelegt. Das U-Bahnsystem ist weitgehend übersichtlich, es gibt eine rote, eine grüne und eine blaue Linie. Einige Stationen sind künstlerisch veredelt und es gibt sogar ein Buch über die Gestaltung der unterirdischen Bahnhöfe.

Die größten Entfernungen bietet die grüne Linie. Von Hässelby Strand im Nordwesten der Stadt bis nach Farsta Strand oder Hagsätra kann man gut eine Stunde in den nun überwiegend neuen Waggons sitzen.

Die Stockholmer zahlen gegenwärtig 600 Kronen im Monat für das Ticket, das sie berechtigt, alle S-Bahnen, U-Bahnen und Busse des Nahverkehrssystems SL (Storstockholms Lokaltrafik) zu benutzen. Das ist, verglichen etwa mit der drittgrößten Stadt des Landes Malmö, ein Spottpreis, den die neue bürgerliche Stadtregierung kurz nach Antritt im Herbst denn auch gleich zu erhöhen versprach.

So alt wie das System der farbigen Linien sind aber auch die Klagen und Plagen, denen die Reisenden ausgesetzt sind. Heute Morgen war es denn dann auch mal wieder so weit. Insbesondere auf der roten Linie saßen Passagiere in den Tunneln des weitverzweigten Systems fest, nachdem ein Stromausfall dafür sorgte, dass buchstäblich nichts mehr ging. Wieder einmal kamen zehntausende Stockholmer zu spät zur Arbeit, Kinder zu spät in die Kindergärten oder in die Freizeitheime der Schulen, die erst nächste Woche wieder Lernstoff an die Kleinen vermitteln.

Wie gewöhnlich ließ die Information der Reisenden zu wünschen übrig. Begriffe wie "Waggonfehler" (vagnfel), Türfehler ("dörrfel), Signalfehler ("signalfel") und Wasweißichfehler ("vadvetjagfel") sind längst Bestandteile des Stockholmer Wortschatz.

Wie anders war das doch in Moskau, wo die Züge im Winter zwar nicht beheizt waren, aber mit der Genauigkeit eines Schweizer Uhrwerks alle 2 Minuten donnernd in die tief gelegenen Stationen hereinbrausten. Man kann nicht alles haben und die Mails, die nun auf mich einströmen und "Dann geh doch nach Moskau!" als Schlussreplik enthalten, gedenke ich nicht zu beantworten.

Zu den Zeiten, als es noch Winter in Stockholm gab, brach der Verkehr regelmäßig zusammen, als wäre hier noch niemals Schnee gefallen. Im Herbst, wenn die Blätter von den Bäumen fielen, gibt es immer wieder Verspätungen aufgrund von "Blätterglätte" (lövhalka).

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